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Landesweite Versammlung der Arbeitslosen

http://akkrise.wordpress.com/2013/11/15/landesweite-versammlung-der-arbeitslosen/

Es ist Zeit, der Krise der Massenarbeitslosigkeit etwas entgegen zu setzen. Unsere Würde ist nicht verhandelbar.

Die Bewegung der Arbeitslosen (UPM) wird vom 7. – 9. Dezember 2013 in Grahamstown eine Landesweite Versammlung der Arbeitslosen durchführen. Rund 400 Delegierte von kämpfenden Organisationen und Bewegungen aus dem ganzen Land werden an diesem event teilnehmen.

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Kaltblütige Morde in Marikana

http://akkrise.wordpress.com/2012/08/30/kaltblutige-morde-in-marikana/

Kaltblütige Morde in Marikana

Greg Marinovich

Einige der Bergarbeiter, die bei dem Massaker am 16. August in Marikana umgebracht wurden, scheinen aus nächster Nähe erschossen oder von Polizeifahrzeuge zerquetscht worden zu sein. Sie wurden nicht von einer Salve getroffen, die Polizisten aus Selbstschutz abgegeben haben, wie es offiziell heißt. Greg Marinovich verbrachte zwei Wochen damit draufzukommen, was tatsächlich geschah. Was er herausfand, ist äußerst beunruhigend.

Von den 34 Bergarbeitern, die bei Marikana umgebracht wurden, wurden nicht mehr als ein Dutzend von den Kameras der Medien vor Ort erfasst. Die Mehrheit derjenigen, die starben, so berichten überlebende Streikende und RechercheurInnen, wurden abseits der Kameras getötet, bei einer unscheinbaren Ansammlung von Felsen, rund 300 Meter hinter Wonderkop.

Auf einem dieser Felsen, der von allen Seiten von soliden Granitbrocken umgeben ist, steht der Buchstabe “N”, der 14. Buchstabe des Alphabets. Dieses N steht für die 14. Leiche eines streikenden Bergarbeiters, die von einem forensischen Team der Polizei an diesem einsamen Ort aufgefunden worden ist. Diese Buchstaben werden von Forensikern benutzt, um genau festzuhalten, wo Leichen liegen.

Es gibt eine dicke Schicht von Blut, die sich tief in die trockene Erde zieht, was anzeigt, dass N an Ort und Stelle erschossen worden ist. Es gibt keine Blutspur, die dorthin führt, wo N starb – das Blut findet sich nur an einem Punkt, was auf keine weiteren Bewegungen hindeutet. (Es wäre für den Menschen gar nicht möglich gewesen, hierher zu kriechen angesichts der starken Blutung.)

Wenn mensch sich N aus allen möglichen Richtungen nähert, und wenn mensch die lokalen topographischen Gegebenheiten berücksichtigt, dann wird klar, dass der Schütze, um N zu erschießen, sehr nah gewesen sein muss. Sehr nah, tatsächlich, nahezu in Reichweite. (Nachdem ich Tage hier an diesem Ort des blutigen Massakers verbracht habe, brauche ich nicht viel Vorstellungskraft, um zu meinen, dass N an diesem Winterabend um sein Leben gebettelt haben könnte.)

Und an diesem tödlichen Donnerstag Nachmittag kann Ns Mörder nur ein Polizist gewesen sein. Ich sage Mörder, denn es gibt von diesem Tag keinen einzigen Bericht über einen verletzten Polizisten. Ich sage Mörder, denn es scheint hier keinerlei Versuch gegeben zu haben, das Recht unserer BürgerInnen auf Leben und auf ein faires Verfahren zu respektieren. Es ist schwer vorstellbar, dass N Widerstand gegen seine Verhaftung geleistet hat, wenn er so eingekesselt war. Es gibt hier keine Möglichkeit, aus der Umzingelung durch die Polizisten zu flüchten.

Andere Buchstaben verweisen auf ähnlich grauenhafte Szenarien. “J” und “H” starben nebeneinander. Auch sie hatten keinerlei Fluchtmöglichkeit und müssen aus kürzester Distanz erschossen worden sein.

Weitere Buchstaben finden sich auf den umliegenden Felsen. Ein blutiger Handabdruck findet sich auf einem aufragenden Felsen, wo jemand versuchte, sich aufzurichten; viele andere Felsen sind bespritzt von dem Blut der Minenarbeiter, die am Nachmittag des 16. August starben.

Keiner dieser Vorfälle wurde von den Medien beobachtet oder fotografiert. Über sie wurde nur als Teile der größeren Tragödie, die sich hier abgespielt hat, berichtet.

Einer der streikenden Bergarbeiter, der in dem Chaos gefangen war, nennen wir ihn “Themba”, sein Name ist dem Daily Maverick bekannt, erinnerte sich an das, was er sah, als er den Todesfeldern um Wonderkop entkam.

“Die meisten Leute riefen uns dann dazu auf, den Hügel zu verlassen, und als wir runterkamen, begann die Schießerei. Die meisten Leute wurden nahe dem kraal erschossen, als sie versuchten, in die Siedlung zu kommen; das Blut, das wir gesehen haben, stammt von ihnen. Wir rannten in die andere Richtung, aber es war unmöglich, durch den Kugelhagel zu kommen.

Wir rannten, bis wir zum Versammlungsplatz kamen, und verfolgten den Vorfall am Hügel. Zwei Hubschrauber landeten; Soldaten und Polizisten umstellten das Gebiet. Wir sahen niemand von dem Hügel entkommen.”

Die Soldaten, die er erwähnt, waren in Wirklichkeit Teil des Einsatzteams der Polizei in Tarnuniformen, die von einem Militärfahrzeug zum Schauplatz gebracht worden sind. Darüber befragt, sagte Themba, er glaube, dass sich Leute beim Hügel versteckt hätten, und dass die Polizei dort eingedrungen und sie umgebracht hätte.

In den Tagen nach der Schießerei besuchte Themba Freunde im nahegelegenen Spital der Mine. “Die meisten Leute, die im Spital liegen, wurden im Rücken getroffen. Die, die ich im Spital gesehen habe, wiesen eindeutige Spuren auf, dass sie von den Nyalas 1 überrollt wurden”, sagte er. “Ich habe es nie bis in die Leichenhalle geschafft, aber die meisten Leute, die dort waren, erzählten mir, dass sie die Gesichter der Toten nicht wiedererkennen konnten (sie waren entweder von Kugeln oder deshalb, weil sie überrollt worden sind, entstellt).”

Es wird klar, dass schwer bewaffnete Polizisten runtergerannt sind und die Bergarbeiter kaltblütig umgebracht haben. Eine Minderheit wurde bei den gefilmten Vorfällen umgebracht, und hier behauptet die Polizei, sie habe in Selbstverteidigung gehandelt. Der Rest war Mord in großem Ausmaß.

Peter Alexander, Vorsitzender bei Social Change und Professor der Soziologie an der Universität von Johannesburg und zwei ForscherInnen interviewten in den Tagen nach dem Massaker ZeugInnen. Der Forscher Botsong Mmope sprach am 20. August mit einem Minenarbeiter, Tsepo. Tsepo (nicht sein wahrer Name) beobachtete einige der Vorfälle, die abseits der Kameras geschahen.

“Tsepo sagte, dass viele Menschen auf dem kleinen Hügel umgebracht wurden, und dass das (von den Medien) niemals erwähnt worden sei. Er stimmte zu, uns zu dem kleinen Hügel zu bringen, denn dort sind sehr viele Menschen gestorben”, sagte Mmope.

Nachdem die Schießerei begonnen hatte, sagte Tsepo, befand er sich unter vielen, die in Richtung des kleinen Hügels rannten. Als die Polizei sie zu jagen begann, sagten einige von ihnen: “Legen wir uns hin, Genossen, dann werden sie nicht auf uns schießen.”

“Zu diesem Zeitpunkt wurden sie von einem Hubschrauber, der über ihnen kreiste, beschossen. Tsepo legte sich also hin. Eine Anzahl von seinen Kollegen ebenfalls. Er sagt, er beobachtete, wie Nyalas über die liegenden, lebendigen Bergarbeiter fuhren”, sagte Mmope. “Andere Arbeiter rannten zu dem Hügel, und dort wurden sie von der Polizei und der Armee mit Maschinengewehren erschossen.” (Mehrere ZeugInnen und SprecherInnen bei dem Treffen der Bergarbeiter sprachen von der Armee, oder amajoni 2, inzwischen sprechen sie von einer Spezialeinheit der Polizei in Tarnuniformen und an diesem Tag mit halbautomatischen R5-Gewehren bewaffnet. – GM)

Als die Schießerei schließlich vorbei war, schaffte es Tsepo, in Richtung Norden zu entkommen.

Die Polizei brauchte mehrere Tage, um die Anzahl der Getöteten zu ermitteln. Die Anzahl von 34 Toten überraschte die meisten von uns. Nur rund ein Dutzend Tote sahen wir im Fernsehen, wo also genau sind die Bergarbeiter umgebracht worden, und wieso mussten sie sterben?

Die meisten JournalistInnen und anderen Menschen haben diese Fragen nicht gestellt. Die Gewalt, die von den Toten ausgegangen war, die wir sehen konnten, reichte aus, um sich zufrieden zu geben. Die Polizei erwähnte natürlich nicht, was außerhalb der Sicht der Kameras geschah.

Die Anzahl von 112 Minenarbeitern (34 Tote und 78 Verletzte) bei Marikana ist einer dieser wenigen bitteren Momente in unserer blutigen Geschichte, der von Kameras erfasst worden ist. Von mehreren Kameras, und von verschiedenen Standorten aus.

Das hat dazu beigetragen, dass die Aktionen und Reaktionen beider Seiten, der Streikenden und der Polizei auf eine Weise überprüft werden konnten, wie nicht dokumentierte Tragödien nie überprüft werden können. Während die Motive und Überlegungen beider Parteien niemals völlig klar werden werden, werden ihre Handlungen ziemlich offenbar.

Und so entwickelte sich innerhalb des öffentlichen Diskurses eine vorherrschende Erzählung. Die Fakten, die von der Polizei, von unterschiedlichen staatlichen Institutionen und von den Medien präsentiert wurden, besagten, dass die Streikenden ihren Tod selbst provoziert hätten, weil sie die Ordnungskräfte angegriffen und beschossen hätten. Tatsächlich können die verschiedenen Fotos und Filmsequenzen als Beleg für diese Behauptung aufgefasst werden.

Die gegenteilige Sichtweise ist, dass die streikenden Bergarbeiter den Gummigeschossen und dem Tränengas zu entkommen versuchten, als sie auf die schwer bewaffneten Spezialkräfte (d.h. auf unsere Variante der SWAT 3-Teams) zuliefen. Das Ergebnis waren die schrecklichen Bilder von einem Dutzend Männern, die von einer Salve aus automatischen Waffen niedergemäht wurden.

Von außerhalb des Durcheinanders von Granitblöcken bei dem kleinen Hügel, den verwitterten Überresten eines prähistorischen Bergs, betrachtet, scheint es, dass ansonsten hier keine Brutalitäten, außer dem Fällen großer Bäume zwecks Feuerholzbeschaffung passiert seien.

Aber befindet mensch sich erstmal innerhalb dieses Kreises, dann läuft mensch durch enge Durchlässe zwischen den verwitterten bushveld 4-Felsen in Sackgassen. Verstreute Reste menschlicher Ausscheidungen und Toilettenpapier zeigen an, wo sich die gemeinsame Toilette der Bergarbeiter, die in den Baracken-communities keine Toiletten haben, befunden hat.

Hier, dem Blick von außen verborgen, finden sich die gelben Buchstaben, die von dem forensischen Team dort hingesprayt worden sind, wo sie die Leichen der Bergarbeiter fanden. Der Buchstabe N scheint die Anzahl der Toten an diesem Ort auf 14 zu erhöhen. Einige der anderen Buchstaben sind schwer zu erkennen, vor allem dort, wo sie auf trockenes Gras und auf Sand gesprayt wurden.

Die gelben Buchstaben sprechen, als wären sie die Stimmen der Toten. Die Position der Buchstaben, die die Überreste von einst schwitzenden, keuchenden, fluchenden, flehenden Männern bilden, erzählen eine Geschichte, in der Polizisten Männer wie Bestien jagten. Sie erzählen über dutzende von Morden aus nächster Nähe, an Orten, die von außen nicht einsichtbar sind.

N beispielsweise starb in einer schmalen Verschanzung, die von vier Seiten von massivem Fels umgeben ist. Sein Mörder kann nicht weiter als zwei Meter von ihm entfernt gestanden sein – die Geographie erlaubt keine andere Möglichkeit.

Warum?

Gehen wir noch einmal zurück zu den Vorfällen vom Montag, 13. August, drei Tage vor diesen Vorfällen.

Themba, einer Bergarbeiter in zweiter Generation aus Ost-Kap, war auch damals zugegen. Er war Teil einer Gruppe von etwa 30 Streikenden, die ausgesandt worden waren, um über das veld zu einer anderen Lonmin-Platinmine, Karee, zu gehen.

Es war die Karee-Mine, in der andere Mineure einen wilden Streik durchführten, um bessere Löhne durchzusetzen. Die National Union of Mineworkers unterstützte sie nicht, und das Management fuhr eine harte Linie. Der Streik war nicht erfolgreich, viele der Streikenden verloren ihre Jobs. Die Bergarbeiter von Marikana nahmen an, dass es dort eine Menge Bergarbeiter gab, die immer noch zornig genug waren, um sich ihnen in Wonderkop anzuschließen.

Die Streikenden aus Marikana haben ihre Kollegen niemals erreicht; stattdessen wurden sie von der security der Minenbesitzer abgefangen und auf einem anderen Weg zurückgeschickt, als auf dem, den sie gekommen waren.

Auf dieser Straße trafen sie auf ein Kontingent Polizisten. Themba sagte, dass es rund 10 Nyalas und ein oder zwei Polizei-LKWs oder Transporter waren. Die Polizisten verstellten ihnen den Weg und wiesen sie an, ihre Waffen niederzulegen. Die Arbeiter weigerten sich, sie sagten, sie brauchten die Macheten, um Holz zu machen, denn sie lebten im Busch, und ehrlicherweise fügten sie hinzu, dass sie sie auch zur Selbstverteidigung brauchten.

Am Freitag davor, sagten sie, seien drei von ihnen von Leuten, die rote NUM T-Shirts trugen, umgebracht worden.

Die Polizeikette öffnete sich und sie wurden durchgelassen, aber nachdem sie etwa 10 Meter weit gekommen waren, eröffnete die Polizei das Feuer auf sie.

Die Bergarbeiter wandten sich um und griffen die Polizisten an.

Hier, sagte er, brachten sie zwei Polizisten um und verletzten einen weiteren. Die Polizei brachte zwei Bergarbeiter um und ein dritter wurde schwer verletzt, als ein Hubschrauber das Feuer eröffnete, sagte Themba. Die Bergarbeiter trugen den Verletzten zurück nach Wonderkop, von wo er mit dem Auto ins Spital gebracht wurde. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

Als der Polizeisprecher Captain Dennis Adriao zu diesem Zwischenfall telefonisch befragt wurde, sagte er, dass Sicherheitspolizisten von Bergarbeitern angegriffen worden seien, die zwei Polizisten zu Tode hackten und einen weiteren ernsthaft verletzten. Er sagte, acht Leute seien wegen dieses Vorfalls verhaftet worden, und wegen der 10 Toten vor dem 16. August. “Zwei sind unter Aufsicht im Spital, sie wurden beim Angriff auf die Polizei verletzt.”

Die Polizei-Version dieses Vorfalls unterscheidet sich erheblich von der von Themba, aber was feststeht ist, dass die Polizei bereits Leute verhaftet hatte wegen der bis dahin geschehenen Morde.

Wieso dann die Eile, den tausenden, die in Wonderkop campierten, in den Tagen vor dem 16. August entgegen zu treten?

Aber lassen wir uns hier nicht zu sehr von diesen auf der Hand liegenden Fragen ablenken, kehren wir zu den Vorfällen vom 16. August selbst zurück.

Auf der website South African Government Information findet sich immer noch dieses Statement, das vom Tag des Massakers in Marikana datiert:

“Nach intensiven und erfolgreichen Verhandlungen von Mitgliedern der SAPS 5 zwecks Entwaffnung und Zerstreuung einer schwer bewaffneten Gruppe von sich illegal Versammelnden bei einem Hügel nahe der Lonmin-Mine bei Rustenberg in der Provinz Nord-West wurde die südafrikanische Polizei von dieser Gruppe bösartig angegriffen, die eine Anzahl unterschiedlicher Waffen, darunter Feuerwaffen verwendete. Die Polizei war aus Gründen der Eigensicherung und Selbstverteidigung gezwungen, der Gruppe mit Gewalt entgegen zu treten. Das führte dazu, dass leider mehrere Menschen verletzt, andere schwer verletzt wurden.”

Dieses polizeiliche Statement hält ganz klar fest, dass die Polizei in Selbstverteidigung agierte, trotz der Tatsache, dass am 16. August nicht ein einziger Polizist verletzt wurde.

Wie wir bereits früher diskutiert haben, ist es möglich, das, was sich auf den Filmdokumenten findet, als Überreaktion der Polizei auf eine Bedrohung zu interpretieren. Was danach geschah, 400 Meter von dem Kleinen Hügel entfernt, ist was anderes. Dass gepanzerte Polizeifahrzeuge über am Boden liegende Bergarbeiter fuhren, kann nicht als irgendeine Form von polizeilicher Tätigkeit beschrieben werden.

Die Anordnung dieser gelben, gesprayten Buchstaben erzählt eine ernüchternde und grauenhafte Geschichte und verleiht dem, was die Streikenden berichtet haben, größere Glaubwürdigkeit.

Ein Bergarbeiter erzählte am Morgen nach dem Massaker dem Daily Maverick, “als einer unserer Arbeiter an einem Nyala vorbeikam, saß da Jugendfreund von ihm aus Ost-Kap drinnen, und der erzählte ihm, dass heute D-Day sei, dass sie gekommen waren, um zu schießen. Er sagte, es gäbe ein Papier, das sie dazu ermächtige, auf uns zu schießen.”

Die Art, wie sich dieser Polizist angeblich geäußert hat, ist verblüffend ähnlich der, die Adriao am 16. August verwendete, und wie MineWeb zitierte: “Wir haben tagelang versucht, mit den Führern zu verhandeln und mit denen, die sich bei der Mine versammelt haben, unser Ziel ist es, die Leute dazu zu bringen, ihre Waffen abzugeben und sich friedlich zu zerstreuen.

Heute ist D-Day, das heißt, wenn sie das nicht befolgen, dann werden wir handeln müssen … wir werden hart durchgreifen müssen”, sagte er.

Etwas später kommentierte er: “Leider ist heute D-Day”, sagte Polizeisprecher Dennis Adriao. “Es ist eine illegale Versammlung. Wir haben versucht zu verhandeln, und das werden wir wieder tun, aber wenn das nichts fruchtet, werden wir offensichtlich zu einer taktischen Phase übergehen müssen.”

Wenn es um die Frage der möglichen Absichten der Polizei geht, dann sollten wir uns ansehen, wie die eingesetzten Polizisten bewaffnet waren. Die Waffen, die die meisten der 400 Polizisten, die vor Ort waren, einsetzten, waren R5 (ein lizenzierter Nachbau der israelischen Galil SAR) oder LM5-Sturmgewehre, die für den Einsatz durch die Infanterie oder polizeiliche Einsatzkommandos gebaut werden. Diese Waffen können keine Gummigeschosse abfeuern. Die Polizei war eindeutig in militärischer Art bewaffnet – um zu töten, nicht um mögliches aufständisches Verhalten zu bekämpfen.

Der Tod ihrer drei Kameraden drei Tage zuvor schuf das Bühnenbild für die Polizei, die, immer stärker der Brutalität, Folter und Tötung von Gefangenen beschuldigt worden ist, bis hin zu Racheakten. Was unklar bleibt ist, wie hoch in der Befehlskette dieser Rachewunsch reichte.

Es gab eine Verschleierung der Polizeiarbeit und ein punktuelles Stillschweigen in einer demokratischen Gesellschaft, in der die Polizei theoretisch den BürgerInnen gegenüber verantwortlich ist, wie auch gegenüber unseren gewählten VertreterInnen. Wir leben in einem Land, in dem Menschen als unschuldig gelten, solange ihre Schuld nicht bewiesen wurde; in dem Massenexekutionen durch die Polizei nicht erlaubt sind.

Machen wir uns keine falschen Vorstellungen. Die streikenden Bergarbeiter sind keine Engel. Sie können so gewalttätig sein wie irgendjemand sonst in unserer Gesellschaft. Und in einer aufgeheizten Situation wie bei Marikana erst recht. Sie sind zornig, ohnmächtig, fühlen sich betrogen und möchten höhere Löhne als welche, die bloß das nackte Überleben abdecken. Wie brauchbar ihre Argumente auch immer sein mögen, und welche Verbrechen auch immer einige einzelne von ihnen begangen haben mögen, über 3.000 Menschen, die sich bei Wonderkop versammeln, haben es keinesfalls verdient, Opfer von Massenerschießungen und von völlig willkürlichen Exekutionen durch eine paramilitärische Polizeieinheit zu werden.

In diesem Licht betrachtet können wir die Vorfälle vom 16. August als den Mord an 34 und den Mordversuch an weiteren 78 Menschen betrachten, die überlebt haben, obwohl die Polizei offensichtlich beabsichtigte, sie umzubringen.

Zurück bei den Felsen auf dem Kleinen Hügel, dort wächst ein wilder Birnbaum zwischen den Haufen von menschlichen Exkrementen; ein Ort des Horrors, der bisher für die Öffentlichkeit unbekanntes Terrain war. Es könnte der Ort sein, an dem die Verfassung von Südafrika ihre letzte Stunde erlebt hat.

Anmerkung Daily Maverick: Wir haben diese Fragen der Polizei gestellt, und die sagt, dass sie sie nicht kommentieren kann, sie möchte auch keine weiteren Details bekanntgeben dazu, was am und um den Kleinen Hügel am 13. August geschah. Wir warten auf weitere Kommentare von seiten des Innenministeriums.

Anmerkungen

1Polizeifahrzeuge (Nyala sind eigentlich Antilopen, also ähnlich den “Leopard”-Panzern u.ä. hier)

2Amajoni Security CC, Roodepoort, Johannesburg, security-Unternehmen

3US-Spezialeinheiten (“Special Weapons and Tactics)

4Bushveld wird die Lagerstätte der Edelmetalle, an der sich auch Marikana befindet, genannt. Es handelt sich um ca. 2 Milliarden alte Gesteinsformationen.

5Südafrikanische Polizei

Greg Marinovich

Greg Marinovich, geb. 1962 in Südafrika, ist ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Fotograf und Co-Autor von “The Bang Bang Club”, einem nonfiction-Buch über Südafrikas Übergang zur Demokratie. Er hat 25 Jahre lang auf der ganzen Welt bei Konflikten, für Dokumentationen und für die Berichterstattung fotografiert. Seine Fotos sind in internationalen Publikationen wie Time, Newsweek, The New York Times, The Washington Post, Wall Street Journal, The Guardian (London) usw. abgedruckt worden.

Er ist Vorsitzender des Nominierungskomitees der World Press Master Class für Afrika und war zwischen 1994 und 2005 Jurymitglied bei World Press Photo. 2009 erhielt er den Nat Nakasa-Preis für couragierten Journalismus. Marinovich war Chefredakteur des Twenty Ten-Projekts und verantwortlich für die Koordination der Arbeit von mehr als 100 JournalistInnen in unterschiedlichsten Medien.

Gegenwärtig ist er Redakteur für IMaverick und Daily Maverick, selbstständiger Fotograf, produziert einen Film über die ehemaligen Militanten im township Thokoza, Südafrika, und schreibt ein nonfiction-Buch über einen berüchtigten Mörder, der ausgerechnet Marinovich’s Mutter heiratete.

Das Massaker an den Minenarbeitern von Marikana – eine massive Eskalation des Kriegs gegen die Armen

http://akkrise.wordpress.com/2012/08/19/upm-statement-18-8-2012/

UPM-Statement, 18 August 2012, Ayanda Kota, 078 825 6462

Das Massaker an den Minenarbeitern von Marikana – eine massive Eskalation des Kriegs gegen die Armen

Zwei Tage sind nun vergangen seit dem brutalen, herzlosen und erbarmungslosen kalten Blutbad an 45 Minenarbeitern in Marikana durch die südafrikanische Polizei. Das war ein Massaker!

Südafrika ist das am meisten ungleiche Land der Welt. Das Ausmaß an Armut ist maßlos. In jeder township gibt es Baracken ohne Sanitäranlagen und Strom. Die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 40%. Die ökonomische Ungleichheit wird begleitet von politischer Ungleichheit. Überall sehen sich AktivistInnen ernsthafter Unterdrückung durch die Polizei und lokale Parteistrukturen ausgesetzt.

Der Bergbau war zentral in der Geschichte der Unterdrückung in Südafrika. Bergbau hat Sandton 1 zu Sandton gemacht und die Bantustans von Ost-Kap zu den verwüsteten Orten, die sie immer noch sind. Der Bergbau in Südafrika hat auch die Eliten in England reich gemacht, indem sie die ArbeiterInnen in Südafrika ausbeuteten. Mensch kann nicht verstehen, warum das ländliche Ost-Kap arm ist, wenn mensch nicht versteht, warum Sandton und die City of London reich sind.

Unlängst war der Bergbau in den Schlagzeilen in Südafrika. Malema, ein korrupter und autoritärer Demagoge, der eine Fraktion der BEE-Elite 2 vertritt, hat die Verstaatlichung gefordert. Fortschrittliche Kräfte in- und außerhalb der Allianz stellen sich gegen Malema, weil er die räuberischste Fraktion der Eliten vertritt und nach einer massiven Rettungsaktion für seine Freunde sucht, die auf unprofitablen Minen sitzen. Wir stehen für die Vergesellschaftlichung der Minen unter der Kontrolle der ArbeiterInnen. Wir stehen auch für Reparationen wegen der hundert Jahre Ausbeutung.

Die Dinge beginnen sich zu ändern, aber nicht zum Besseren. Khulubuse Zuma, der Neffe des Präsidenten und Zondwa Mandela, ein Enkel des früheren Präsidenten, und viele andere mit eingen Familienbanden zu PolitikerInnen wurden über Nacht zu Minen-Magnaten. China ist ebenfalls auf den fahrenden Zug aufgesprungen und plündert unsere Ressourcen.

Frans Baleni, der General(sekretär) der National Union of Mineworkers (NUM), verdient monatlich 105.000 Rand. Die NUM ist zu einer Straße, die in hohe Posten in der Regierung führt, geworden, ja sogar zu Posten in den Vorstandsetagen der Minenunternehmen. Die Gewerkschaft verliert in den Minen rasch jegliche Glaubwürdigkeit. Es ist offensichtlich, dass sie bereits in das System eingebunden ist, und dass sie Teil der Kontrollstrukturen geworden ist. Die Polizei setzt die NUM ein, um sich an die ArbeiterInnen zu wenden. Baleni’s Verrat an den ArbeiterInnen hat ihn zu einem reichen Mann gemacht – ein reicher Mann, der die Kämpfe der Armen verurteilt und versucht, sie zu unterdrücken. Es ist keine Überraschung, dass die ArbeiterInnen die NUM ablehnen und versuchen, eine alternative Gewerkschaft aufzubauen, oder auf sich selbst gestellt zu agieren, ohne irgendeine Gewerkschaft, die sie vertritt. Die ArbeiterInnen haben recht, wenn sie die NUM-Führer von ihren Streiks davonjagen.

Die Marikana-Mine ist die reichste Platinmine der Welt, und doch leben ihre ArbeiterInnen in Baracken. Die meisten der ärmsten Arbeiter sind die Mineure, sie verrichten die schwierigste und gefährlichste Arbeit in der Mine. Sie verrichten die gefährlichste Arbeit in der Mine und erhalten doch nur 4.000 Rand Monatslohn. Mit ihrem Blut und ihrem Schweiß in den Minen schaffen sie nicht nur einen Wohlstand, der ihnen entfremdet wird, sie schaffen die fetten Katzen, die auf nackten Körpern fressen und saufen, und das sushi nennen.

Die Arbeiter, die den Hügel besetzt haben, kamen von vielen Orten, darunter Swaziland und Mozambique. Aber die meisten von ihnen kamen aus dem ländlichen Ost-Kap, aus den früheren Bantustans, wo die Menschen ihr Leben als lebende Leichen verbringen unter den Bossen, ohne Arbeit, ohne Land und ohne Hoffnung. Jeder Rand, den sie sich von den Kapitalisten zurückholen, ist ein Rand, der in den ärmsten Teil des Landes fließt. Den Teil des Landes, der über ein Jahrhundert lang am meisten zerstört worden ist durch die Minen. Wir feiern jeden Rand, den die Arbeiter zurückgenommen haben von den Kapitalisten, und unterstützen ihre Forderung nach 12.500 Rand Monatslohn voll. Würden Baleni oder Nzimande oder Zuma einen Lohn von 4.000 Rand akzeptieren? Wenn nicht, warum sollte es dann irgendjemand sonst?

Die Streikenden betrachten die NUM-Führer als Verräter. Sie haben sich von der NUM abgekoppelt, weil sie gesehen haben, dass sie sich von der Allianz der Kapitalisten und BEE-Eliten, die den ANC führt, abkoppeln müssen. Die Entscheidung, sich abzukoppeln, was sehr couragiert! Wir werden uns in jedem Sektor abkoppeln müssen, wenn wir eine echte Bewegung für Veränderung aufbauen wollen.

Die ArbeiterInnen unter der Allianz der drei Parteien werden vom Sozialismus ferngehalten, sie werden lediglich dazu ermutigt, für die herrschende Partei zu stimmen. Es geschieht nichts, um ihr soziales Bewusstsein in ihrem Kampf zu schärfen. Sie werden gefördert, an Sensationspolitik teilzunehmen, der Politik, wer führen soll und wer entfernt werden soll. Sie werden gefördert, communities und ArbeiterInnen, die sich unabhängig organisieren, als ihre Feinde zu betrachten.

Es ist leicht, sich dafür zu entscheiden, nicht zu entscheiden. Es ist viel schwieriger, eine Entscheidung zu treffen, die riskant und vielversprechend ist. Für die MinenarbeiterInnen war die Entscheidung, sich von Typen wie Baleni und der Dreiparteienallianz abzukoppeln, eine mutige Entscheidung. Sie verstehen, dass Courage ein wichtiges Element jeden Kampfes ist. Sie verstehen, dass es keine schnelle Lösung im Kampf um eine gerechte Gesellschaft gibt, eine Gesellschaft, die die Rechte der ArbeiterInnen und der Natur respektiert und hochhält, eine Gesellschaft, die auf den Prinzipien beruht, dass jedeR nach ihren/seinen Bedürfnisssen leben kann. Diese Gesellschaft beruht darauf, wie die politischen Beziehungen einer/s jeden zu den Eliten aussieht, die vom ANC und seinen Allianz-Partnern besetzt sind.

Wenn die Streikenden unter der Fahne der Dreiparteienallianz protestiert hätten, wären sie nicht abgeschlachtet worden. Streiks der COSATU 3 waren oft gewalttätig, aber ihre Mitglieder werden nicht wie Tiere abgeschossen. Tatsächlich war die Kampagne zur Unterstützung von Zuma in seinen Prozessen wegen Vergewaltigung und Korruption voll von Drohungen und Gewalt, und trotzdem sind die Zuma-UnterstützerInnen nicht niedergeschossen worden.

Ehe die Mineure den Hügel besetzt haben, haben sie geschworen, dass keine Kugel sie von dort entfernen wird können. Sie waren bereit zu kämpfen und zu sterben, um einen Anteil am Wohlstand dieser Mine für sich selbst und ihre Familien zu ergattern. Das zeigt, dass sie Menschen waren, die sich des Risikos, das ihre Entscheidung bedeutete, bewusst waren, die sorgfältig über dieses Risiko nachgedacht haben, die von ihrem eigenen Bewusstsein geleitet waren und dass sie bereit waren, die Konsequenzen, die daraus entstehen konnten, zu tragen.

Hellen Kellers Worte scheinen wahr: “So etwas wie eine komplette Gesellschaft gibt es nicht, doch wenn es sie gäbe, wie schön könnte das Leben sein. Ein Charakter kann sich nicht in Ruhe und Stille entwickeln. Nur durch Erfahrung von Versuch und Leid wird die Seele gestärkt, die Sehnsucht inspiriert, und der Erfolg.” Sie sagt weiter: “Um unsere Gesichter auf Veränderung und ein Verhalten wie freie Geister auszurichten, angesichts des Schicksals und Elends, ist die Stärke unbesiegbar.”

Die immense Courage der Mineure, die sich am Nkaneng-Hügel versammelt haben, war unglaublich. Sie waren dazu bereit, wirklich zu widerstehen. Sie waren bereit, ein echtes Risiko einzugehen. Diese Courage finden wir in der Linken nicht. Tatsächlich haben die meisten Linken den echten Kampf in echten communities aufgegeben, zugunsten von Treffen, Konferenzen und e-mails. Die Linke ist zu etwas geworden, was NGOs betreiben. So etwas wie arme schwarze Menschen zu Treffen zu fahren, übe die sie keine Kontrolle haben, und aus denen sie nur zu oft wieder rausgeschmissen werden. Wenn es zu echten Kämpfen kommt, an Orten wie den Barackensiedlungen von Zakheleni, eTwatwa oder Kennedy Road, dann ist der Großteil der Linken nicht anwesend. Aber wenn es eine große Konferenz gibt, sind sie alle da.

Die ANC-Regierung hat ArbeiterInnen ermordet, weil sie von einem bekannt ausbeuterischen und sehr, sehr reichen Unternehmen eine Gehaltserhöhung gefordert haben. Die ArbeiterInnen verdienen 4.000 Rand im Monat, sie verrichten die gefährlichste Arbeit. Der ANC-Präsident und die Kabinettsmitglieder verdienen nicht weniger als 2 Millionen Rand im Jahr. Und an dieser Spitze ist Korruption gang und gäbe. Unsere PolitikerInnen sind Teil der globalen Elite. Der schlechtestbezahlte ANC-Angestellte verdient nicht weniger als 20.000 Rand, abgesehen von diversen Zuschlägen.

Die ArbeiterInnen der Marikana-Mine lebten mit ihren Familien in Baracken. Der ANC-Präsident hat unlängst auf seinem Anwesen eine Villa gebaut, eine Villa, die die SteuerzahlerInnen nicht weniger als 200 Millionen Rand kostet.

Es ist die ANC-Regierung, die schießt und Protestierende umbringt, wenn sie um die Anerkennung ihrer Menschlichkeit kämpfen. Unlängst haben sie Andries Tatane ermordet. Sie haben seit 2000 mindestens 25 weitere Protestierende umgebracht. Wenn du arm und schwarz bist, zählt dein Leben für den ANC nichts.

Welche Lektion kann aus dem Massaker an den Minenarbeitern von Marikana gelernt werden? Die Rücksichtslosigkeit dieser Regierung lässt nicht nach, sondern im Gegenteil, sie nimmt zu mit der Anzahl an ArbeiterInnen, die arbeitslos sind, die hungern. Sie kriminalisieren unsere Kämpfe und militarisieren ihre Polizei. Es ist klar, dass jedeR, die/der sich außerhalb des ANC organisiert, in communities oder am Arbeitsplatz, sich ernsthafter und gewalttätiger Unterdrückung durch die Partei und die Polizei ausgesetzt sehen wird.

Die NUM und die SACP 4 haben ganz klar gemacht, auf welcher Seite sie stehen. Indem sie das Massaker unterstützen und nach weiterer Repression gegen die Arbeiter rufen, haben sie klargemacht, dass sie auf der Seite der rücksichtslosen Allianz von Kapital und Politik stehen. Sie haben erklärt, sehr klar erklärt, dass sie den Krieg gegen die Armen unterstützen. Ihre Reaktionen auf das Massaker sind eine einzige Schande. Keine glaubwürdige linke Gruppe in Südafrika oder irgendwo anders auf der Welt kann mit der NUM oder der SACP wieder zusammenarbeiten. Die Entscheidung der Mineure von Marikana, sich von der korrupten und rücksichtslosen Politik der Allianz abzukoppeln, war gerechtfertigt.

Es wird nicht besser werden, sondern schlimmer. Wenn die Macht der Eliten bedroht ist, werden sie mit immer mehr Gewalt antworten. Der Krieg ist erklärt worden gegen die Armen und gegen alle, die sich außerhalb der Kontrolle des ANC organisieren. Wir können uns nur selbst befreien. Wir müssen uns organisieren und weiterhin außerhalb des ANC zusammenkommen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, in welcher Situation wir uns befinden, klar und couragiert. Viel mehr von uns werden in den kommenden Jahren eingesperrt und umgebracht werden.

Was sie getan haben, kann niemals vergessen oder vergeben werden.

Anmerkungen

1Sandton ist ein Stadtteil von Johannesburg, gegründet 1969. Er ist das wichtigste Finanzzentrum des Landes, seit den späten 90er Jahren befindet sich hier auch die Börse von Johannesburg. Sandton ist das wohlhabendste Viertel von Johannesburg, nicht weit entfernt von Alexandra, dem wohl ärmsten township des Landes. (de.wikipedia.org)

2BEE = Black Economic Empowerment. Ein Programm der südafrikanischen Regierung, um die Ungleichheiten der Apartheid wiedergutzumachen, indem zuvor benachteiligten Gruppen (schwarzen AfrikanerInnen, Farbigen, InderInnen und einigen ChinesInnen) ökonomische Privilegien eingeräumt werden, die sie zuvor nicht hatten. (…) Das BEE-System hat zur Schaffung einer neuen “Klasse”, oft als “BEE-Elite” bezeichnet, geführt. Diejenigen, die davon profitiert haben, haben das auf Kosten der Armen getan.

3COSATU = Dachverband der südafrikanischen Gewerkschaften, unter ANC-Kontrolle

4Südafrikanische Kommunistische Partei

So machen wir das

http://akkrise.wordpress.com/2012/04/23/so-machen-wir-das/

So machen wir das

Ich danke dem Foundry Theatre für die Gelegenheit, dass ich hier Abahlalis Geschenk und Beitrag zu unserer Welt teilen darf. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch der Bewegung Abahlali baseMjondolo (der Bewegung der BarackenbewohnerInnen) danken, die mir ihr Vertrauen ausgesprochen hat, indem sie mich ermächtigt, euch über die Kämpfe der BarackenbewohnerInnen in Südafrika nach der Apartheid zu berichten, ihren Überlebenskampf gegen den Neoliberalismus, der eine sehr moderne Form einer neuen Apartheid darstellt. In dieser neuen Form von Apartheid werden wir immer noch gespalten in diejenigen, die zählen und diejenigen, die nicht zählen, die, die in den Städten leben können und die, die das nicht können, die, die sprechen dürfen und die, die nicht sprechen dürfen, die die dazu verdammt sind (bei Barackenbränden) zu verbrennen und, die in Sicherheit leben können.

Ich fühle mich geehrt, mitten unter GenossInnen aus aller Welt sprechen zu dürfen. Ich weiß, dass ich von euch allen viel Interessantes lernen werde. Jahrelang haben NGOs und AkademikerInnen die Kämpfe der Armen in Südafrika bei internationalen Foren vertreten. Für uns war es ein jahrelanger Kampf, an den Punkt zu gelangen, dass wir uns in diesen Räumen selbst repräsentieren können. Wir möchten ganz klar machen, dass einige der NGOs und AkademikerInnen sich unserer Forderung widersetzt haben, dass wir fähig sind, selbst zu denken und für uns zu sprechen, dabei haben sie ebenso viel Hass unserer Menschlichkeit gegenüber gezeigt wie der Staat. Einige von ihnen wollen unsere Bosse sein, nicht unsere GenossInnen. Einige von ihnen haben versucht, das zu zerstören, was sie nicht kontrollieren können, mit den gleichen Taktiken wie der Staat. Sie haben uns als Kriminelle hingestellt. Als Leute, die nicht für sich selbst denken können. Als Leute, die benutzt werden. Wir ziehen eine klare Trennlinie zwischen denjenigen, die bereit sind, gemeinsam mit den Armen zu kämpfen, um Teil von uns zu werden, mit uns zu denken, und denjenigen, die auf ihrem Recht bestehen, für die Armen zu denken und zu sprechen. Wir sind nicht auf der Suche nach neuen Herren, im Namen unserer neuen Freiheit. Wir ziehen eine klare Trennlinie zwischen diesem Teil der Linken, die meint, dass sie ein Recht hätte, die Unterdrückten zu führen, und dem Teil der Linken, die, egal wo sie in diese Welt geboren wurden, tagtäglich und Jahr für Jahr mit den Unterdrückten zusammen arbeiten, um die Macht der Unterdrückten aufzubauen.

Abahlali entstand aus Zorn, Hunger und Frustration. Es entwickelte sich aus einer Straßenblockade in Durban im März 2005, bei der 14 GenossInnen verhaftet und wegen öffentlicher Gewalt bestraft wurden. Diese Straßenblockade wurde in einer Siedlung namens Kennedy Road organisiert. Zu dieser Zeit konnte sich niemand von uns vorstellen, was die Zukunft für die BarackenbewohnerInnen in Kennedy Road bereithielt, die sich weigerten, von den Früchten unserer Demokratie und von der Entwicklung ausgeschlossen zu bleiben. Eine Demokratie, die dazu verkommen ist, den Interessen der wenigen zu dienen, während die Mehrheit in Südafrika immer noch in tiefer Armut lebt. Das erste, das die Bewegung unternahm, war, dass wir uns selbst definierten, ehe andere das für uns tun würden. Es stand bereits fest, dass wir als Menschen betrachtet wurden, die in unserer eigenen Gesellschaft nicht zählen. Es war klar, dass der Staat und die NGOs uns definieren wollten. Wir erkannten, dass die BarackenbewohnerInnen als hilflose und wertlose Menschen betrachtet werden. Als Menschen, die die Intervention einer NGO oder von AkademikerInnen brauchen, die uns eine gute politische Bildung bringen und für uns sogar eine politische Richtung bereithalten. Wir verweigerten uns. Wir definierten uns selbst in einem Disussionsprozess über unsere Situation, in dem wir unsere eigenen Schlussfolgerungen zogen darüber, wer wir sind, was wir brauchen und wie wir dafür kämpfen können.

Wir mobilisierten BarackenbewohnerInnen und arme communities um ein gemeinsames Ziel und Verständnis. Wir setzten uns für Land und Wohnraum in unseren Städten ein, bemühten uns um eine Verbesserung der informellen Siedlungen und kämpften gegen Zwangsräumungen. Wir bemühen uns immer noch um das Recht der Armen auf die Stadt. Wir veranstalten Demonstrationen. Wir appellieren, wir halten Mahnwachen (Streikposten) 2 vor staatlichen oder regionalen Ämtern ab, und ja, wir machen Nachtwachen mit Fackeln etc. Wir greifen auch zu direkten Aktionen. Wir schließen uns selbst an das Stromnetz an. Wir besetzen Land. Der Staat hat den Armen in Südafrika gezeigt, dass die einzige Sprache, die er versteht, Protest ist. Wir müssen sie dazu zwingen, unsere Menschlichkeit zu akzeptieren. Ohne Organisation und Protest gibt es keinen Fortschritt. Deshalb haben wir die Kampagne “Kein Land, kein Wohnraum – keine Stimme” initiiert. Damit machen wir Druck auf die Behörden, damit sie unserer Notlage Gehör schenken und uns ernst nehmen. Aber auch, weil wir unsere Macht nicht an PolitikerInnen abgeben wollen, die die Menschen als Sprossen auf ihrer Karriereleiter benutzen. Wir möchten unsere Macht für uns selbst behalten. Wir möchten unsere eigene Macht aufbauen, von unten her.

Wir glauben, dass unser Kampf unsere Schule ist. Deshalb haben wir die Universität Abahlali baseMjondolo gegründet. Das ist unsere politische Schule, wo wir voneinander lernen. Wir lernen aus unseren Treffen, bei unseren nächtlichen Lagern, die wir vierteljährlich abhalten. Wir lernen auf den Straßen, während wir protestieren, und wir lernen in den Gerichtssälen. Aber am meisten haben wir von den alten und jungen Frauen und Männern gelernt. Unsere Treffen sind das Zentrum unserer Bewegung. Dort diskutieren wir und denken gemeinsam nach. Wir besprechen die Dinge durch, bis wir zu einem gemeinsamen Verständnis gelangen. GenossInnen aus Amerika waren oft schockiert darüber, wie lange unsere Treffen dauern, und wie viele Dinge wir diskutieren. Aber die Treffen sind die Grundlage unserer Stärke.

Wir haben Allianzen aufgebaut mit den wenigen NGOs, die bereit sind, uns eher als GenossInnen denn als Kinder zu betrachten. Wir veranstalten Rechtshilfe-Workshops in Zusammenarbeit mit anwaltlichen NGOs wie dem Socio Economic Right Institute of South Africa (SERI) und anderen PartnerInnen, aber wir veranstalten auch politische Schulungen, die uns dabei helfen, zu werden, wer wir sind.

Abahlali hat eine neue Politik geschaffen, die wir Lebendige Politik nennen. Es ist eine lebendige Politik, weil sie von den Alten und den Jungen verstanden wird, den Gebildeten wie den Ungebildeten. Es ist die Politik, die den Punkt anspricht, dass wir kein Wasser, keinen Strom in den Baracken haben, oder dass das zu teuer geworden ist, während aber, wie Mnikelo Ndabankulu von Abahlali es sagt: “unser Leben diese Dienstleistungen braucht”. JedeR kann die Rechtmäßigkeit dieser Politik erkennen. JedeR kann diese Politik gemeinsam anwenden. Das ist die Politik, die uns vorwärts treibt. Diese Politik negiert das System der Parteipolitik, die einen top-down-Zugang verfolgt, der sich manchmal gegen den Willen der Menschen richtet. Es ist die Politik, die uns 2009 geleitet hat, als die vom Staat unterstützten Banden uns in Kennedy Road angriffen und viele von uns, auch mich, aus unseren Häusern vertrieben.

Es ist völlig klar, dass Südafrika eine der ungleichsten Gesellschaften der Welt ist, und dass die Kluft zwischen den Reichen und den Armen immer tiefer wird. Wir glauben, dass die Probleme, vor denen wir stehen, politische sind, keine technischen. Wir glauben, dass wir die Macht der Armen von unten her aufbauen sollten. Wir glauben auch, dass Freiheit und Gleichheit nur erreicht werden können, wenn die Armen selbst die Führung übernehmen und sich selbst in ihren eigenen Leben leiten.

Die Bewegung hat viele Siege errungen, darunter den Sieg gegen das “Slumgesetz”, ein Gesetz, das darauf abzielte, alle Baracken in der Provinz 3 nieder zu reißen, ohne Rücksicht auf die Schutzbestimmungen, die die nationale Gesetzgebung vorsieht. Es war ein Krieg gegen die Armen. Der Verfassungsgerichtshof erkannte dieses Gesetz für ungültig und nicht verfassungswidrig. So haben wir die meisten Räumungen, von denen die communities in den Barackensiedlungen in unseren Städten bedroht sind, verhindert. Wir haben einen Kampf gegen die Kriminalisierung von AktivistInnen durch den Staat, beispielsweise im Fall der Kennedy 12 gewonnen. Wir haben erfolgreich unsere Räume für unsere lebendige Politik verteidigt und wir haben unsere eigenen internationalen Verbindungen aufgebaut.

Aber Abahlali ist keine perfekte Bewegung, und wir stehen vor vielen Herausforderungen. Einige kommen von innen, und einige von außen. Die Repression hat unsere Bewegung beschädigt. Einige unserer Mitglieder, die durch die gewalttätigen Angriffe in Kennedy Road 2009 vertrieben wurden, sind immer noch obdachlos. Der Staat weigert sich immer noch, Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, die unsere communities brauchen, er weigert sich sogar, in diesem Punkt auch nur zuzuhören. Barackenbrände, Überschwemmungen, Verbrechen und Krankheiten, die durch die Ignoranz seitens des Staates und seiner Agenten verursacht sind, dauern an. Es gibt immer noch keinen politischen Willen seitens unserer Regierung, etwas gegen die Korruption in der Verwaltung, gegen die Politisierung der Dienstleistungen oder gegen ein ökonomisches System, das weiterhin einige reich und andere arm macht, zu unternehmen.

Wir sollen Ruhe geben, sollen nette Jungs und Mädchen sein, während andere für uns unser Leben planen. Wir haben es, trotz ernsthaftem Widerstand durch den Staat und einige NGOs, geschafft, unseren Platz in der Welt einzunehmen, als Menschen, die denken und die ein Recht darauf haben, an allen Diskussionen teilzunehmen. Trotzdem haben wir einen langen, langen Weg vor uns, ehe wir stark genug sein werden, diese sehr moderne Apartheid zu stoppen, die uns weiterhin spaltet in Reiche und Arme, in Menschen, die zählen und Menschen, die nicht zählen, in Menschen, die verbrennen müssen und Menschen, die in Sicherheit leben können, welche, die denken dürfen und Menschen, die stumm in dunklen Winkeln sitzen sollen. Aber wir wissen, dass wir nicht allein sind. Überall in Südafrika kämpfen Menschen. Überall in der Welt kämpfen Menschen. Gemeinsam sind wir stark.

Anmerkungen

1Vom 20. – 22.4.2012 fand im Foundry Theatre, New York, ein “Festival der Dialoge” statt, zu dem u.a. der Präsident von Abahlali baseMjondolo eingeladen war. Siehe hier

2’picket’ kann beides bedeuten

3gemeint ist die Provinz KwaZulu Natal, in der Durban liegt

Unsere Ziele werden niemals die selben sein

http://akkrise.wordpress.com/2012/04/20/unsere-ziele-werden-niemals-die-selben-sein/

Unsere Ziele werden niemals die selben sein

Menschen werden nicht als gleiche geboren, und sie sterben nicht als gleiche. Obwohl Menschen sich vereinen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, nämlich eine gleiche und demokratische Gesellschaft, verschwindet die Kluft nicht zwischen denen, die haben und denen, die nichts haben. Tatsächlich vertieft sie sich.

Menschen haben sich vereint und wir dachten, dass wir dasselbe Ziel hätten, aber es gibt einige, die ihre eigenen Pläne verfolgen. Diese Leute sind nicht da, um das aufrecht zu erhalten, was die Menschen zusammenhält. Andererseits arbeiten manche Leute unablässig, ohne auch nur zur Kenntnis zu nehmen, dass es einen Wolf gibt, der ebenso unablässig darauf wartet, ihre Siege für sich selbst zu verbuchen. Leute, die vorgeben, FreiheitskämpferInnen zu sein, tatsächlich aber FreiheitsdiebInnen sind. Es waren Wölfe, die sich mit der Freiheitscharta schmückten, und so dachten wir, sie seien Lämmer. Wo stecken diese Leute? Einige kamen in Blaulichtkonvoys zu uns. Einige sehen wir in teuren Spitälern und an Orten wie Qalakabusha, wo sie darauf warten, ihre Pläne zur Zerstörung des Landes weiter zu verfolgen.

Ich möchte wirklich wissen, wie wir diese Leute nennen sollen, die diejenigen rufen, die das Geld stehlen, das den Armen zusteht? Wie sollen wir diejenigen nennen, die das Geld für Wohnungsbau stehlen, für soziale Unterstützung? Sollen wir sie immer noch “GenossInnen” nennen?

Meine Mutter (MaRadebe) lehrte mich, die Dinge beim Namen zu nennen. Wie soll ich also jemand Genosse nennen, wenn ich weiß, wozu er fähig ist? Wie soll ich jemand nennen, der reich wurde, indem er von den armen GenossInnen stahl? Wieso soll ich jemand Genosse nennen, der den Zustand meines Landes gefährdet?

Wieso gibt es in einem so guten Land Menschen, die auf der Straße schlafen müssen, während Milliarden (Rand) fehlen, die der Entwicklung des Landes dienen sollten? Wir müssen Villen und Sportwägen und Johnny Walker auf der einen Seite mit ansehen, und auf der anderen müssen wir mitansehen, wie alte Frauen in Mistkübeln nach vergammeltem Essen suchen. Und während die einen wegen Lebensmitteldiebstahl verhaftet werden, pochen andere auf die Unschuldsvermutung. Aber als sie ein Verbrechen begangen haben, haben sie keinen Augenblick an die Menschen gedacht. Bedeutet Politik, dass jede kleine Gruppe ihre eigenen Diebe unterstützt, damit sie selbst auch was davon abkriegt?

Sind wir wirklich frei? Die Demokratie hat einige von uns zu Multimillionären gemacht, aber diese Multimillionäre sind nicht bereit, denen zu helfen, die leiden. Sind dieses Land und seine Ressourcen nur für sie geschaffen worden? Die Freiheitscharta hat gesagt, dass “Südafrika allen gehört, die hier leben”. Sie hat nicht gesagt, dass “Südafrika den Weißen gehört, aber künftig den Reichen gehören wird”.

Diejenigen, die reich geworden sind, versuchen, Freiheit und Demokratie neu zu definieren, nach ihren eigenen Bedürfnissen. Diejenigen, die weiterhin an die echte Bedeutung von Freiheit und Demokratie geglaubt haben, die daran geglaubt haben, dass die Menschen sich vereinen sollten, werden als VerräterInnen an unserer neuen Demokratie hingestellt. Wenn du 2012 sagst, was du 1994 oder 1984 oder 1976 oder 1960 gesagt hast, bist du einE VerräterIn. Das ist echt erstaunlich.

Was ist dieses Bato Pele? Ist irgendjemand stolz auf das, wofür sie/er kämpft? Glaubt irgendjemand wirklich, dass das “Freiheit” ist? Wo ist hier die Gleichheit, von der wir geträumt haben? Wie um Himmels Willen kannst du friedlich schlafen, wenn du genau weißt, dass die Leute, die dich gewählt haben, damit sie die Entwicklung vorantreiben, auf der Straße schlafen?

Es gibt da eine sehr enttäuschende Sache in Südafrika, dass nämlich die Menschen unglücklich sind, wenn du ihnen die Wahrheit erzählst. Diese Leute, die uns regieren, wissen, dass sie uns erzählt haben, es gäbe kein Land, das so eine tolle Verfassung hat wie unseres. Aber nun möchten sie sie ändern. Sie sagen, dass die Verfassung der Grund dafür sei, dass die Armen immer noch arm sind! Der wahre Grund ist aber, dass die Armen die Verfassung nutzen, um die Wahrheit zu erfahren. Wir verwenden die Verfassung, um uns selbst zu verteidigen.

Sie sagen, dass sie die Verfassung ändern möchten, und dass sie die wahren Verwalter der Menschenrechte und der Menschenwürde seien. Sie sagen, dass sie die einzigen sind, die wirklich für Gleichheit eintreten. Aber wo bleiben die Ansichten der Menschen unten? Haben sie jemals diese Menschen aufgesucht, um deren Ansichten kennen zu lernen? Wir haben nie vergessen, dass sie uns erzählt haben, sie würden nie etwas tun ohne diese Menschen.

Aber wenn sie von “den Menschen” sprechen, wen meinen sie damit? Meinen sie bloß Leute wie sich selbst, die immer reicher werden, während der Rest von uns immer ärmer wird? Eines steht fest. Wenn du keiner politischen Partei angehörst und an eine lebendige Politik glaubst, wenn du daran glaubst, dass arme Menschen denken können, und dass wir alle dieses Land gemeinsam ausmachen, dann heißt das, dass du kein Mensch bist.

Woher kommt plötzlich dieser Plan zur Verfassungsänderung? Die Regierung ist seit 1994 an der Macht. Liegt es an der explodierenden Korruption und den deshalb explodierenden Protesten? Sie haben nicht mit der Verfassung angefangen. Sie haben mit den Zeitungen angefangen. Sie wollten sicherstellen, dass die Zeitungen ihre Geheimnisse nicht ausplaudern. Einige dieser Zeitungen haben über unsere Kämpfe berichtet, während wir unter der Minderheitsherrschaft der Weißen waren, aber jetzt, wo wir unter der Minderheitenherrschaft der Reichen sind, wollen sie ihre Flügel stutzen. Was haben sie mit uns vor? Warum wollen sie sichergehen, dass wir nicht alle Informationen erhalten, die wir brauchen, um die Dinge richtig verstehen zu können? Die Zeitungen waren es, die aufgedeckt haben, wie die Bosse der Aurora Mine reicher wurden, während sie ihre ArbeiterInnen nicht auszahlten. Die Menschen unten müssen sicherstellen, dass sie dieses autokratische Denken bekämpfen, und dass sie vereint gegen die Herrschaft der reichen Minderheit stehen, wie sie gegen die Herrschaft der weißen Minderheit gestanden sind. Demokratie ist die Herrschaft des Volkes. Es ist nicht die Herrschaft einer reichen Minderheit an Stelle einer weißen Minderheit.

Wir dachten, dass wir mit unserer Beteiligung am Befreiungskampf die Früchte unserer Saat ernten können würden. Aber es scheint, als würden wir bloß unsere Zeit und Energie vergeuden für diejenigen, die nun für uns denken. Momentan sieht es so aus, als dächten die PolitikerInnen, dass sie machen können, was sie wollen. Aber wir erinnern uns immer noch daran, dass sie unsere Wünsche weiterbringen sollten. Während sie die Verfassungsänderung planen, sterben wir durch Barackenbrände, Überschwemmungen und an AIDS. Viele von uns sind täglich auf der Suche nach Arbeit und werden müde und depressiv. Einige von uns, die einen Job haben, werden auf Arbeit nicht wie menschliche Wesen behandelt und müssen immer noch in Baracken wohnen, weil sie so schlecht entlohnt werden.

Während der Weltmeisterschaft wurde so viel Geld vergeudet, bloß um Eindruck auf die BesucherInnen aus aller Welt zu machen. COP 17 war ein weiteres großes Problem. Unsere Regierung liebt es, Reiche aus aller Welt zu beeindrucken, aber wir zählen für sie nicht. Sie schämen sich unserer. Tatsächlich müssen wir geräumt werden, damit wir vor der internationalen Öffentlichkeit versteckt werden können. Aber natürlich, wenn Wahlen anstehen, kommen dieselben Leute und möchten unsere Stimmen.

Wir leben immer noch unter einer Minderheitenherrschaft. Diese Minderheit verabschiedet Gesetze nach Lust und Laune, lässt ihre Muskeln spielen, um die Menschen dazu zu zwingen, ihre Herrschaft zu akzeptieren. Die Herrschaft der reichen Minderheit ist in mancher Hinsicht sehr ähnlich der Herrschaft der weißen Minderheit. Anstatt zu versuchen, den Rassismus in Südafrika auszurotten, sorgt die Regierung nur dafür, dass sich ihr niemand in den Weg stellt, damit sie tun kann, was sie will. Ob wir darüber sprechen oder nicht: AfrikanerInnen werden immer noch als AfrikanerInnen betrachtet, InderInnen immer noch als InderInnen und Weiße werden immer noch als Weiße betrachtet. Wir werden immer noch anch unserer Hautfarbe behandelt. Einige Rassisten setzen afrikanische Sicherheitskräfte ein, die ihnen die Drecksarbeit erledigen. Das geschieht sogar in den Einkaufszentren, in denen mensch davon ausgehen sollte, dass alles, was zählt, dein Geld ist. Wir haben wirklich eine Gabe dafür, die Wahrheit zu ignorieren, aber das wird zur Spaltung führen. Sithi ke thina za sithetha inyaniso ikrakra (die Wahrheit ist besser).

Es gibt nur wenige Menschen oben, denen wir vertrauen können. Einer ist Dikgang Moseneke. Dieser Mann steht für die Wahrheit und für die Armen. Eine andere ist Thuli Madosela. Es scheint, dass sie wirklich die einzige ist, die etwas gegen Korruption und gegen all diese inakzeptablen Aktionen gegen die Armen und gegen das Land hat. Überall hörst du “Viva Thuli Viva!”

Es ist an der Zeit für uns alle zur Kenntnis zu nehmen, dass es einen Kampf innerhalb des Kampfes gibt. Es ist an der Zeit, dass wir damit aufhören müssen, uns als Werkzeuge der Kapitalisten benutzen zu lassen und dass wir sicherstellen müssen, dass das, was den Menschen gehört, zu den Menschen kommt.

Lindela S. Figlan

Lindela ‘Mashumi’ Figlan ist 2012 der Vizepräsident von Abahlali baseMjondolo. Kontakt: 079 584 3995.