Die River View Wohnungen in Cato Manor, die SOHCO gehören, wurden soeben besetzt

Presseaussendung Abahlali baseMjondolo, 1.1.2014

Die River View Wohnungen in Cato Manor, die SOHCO gehören, wurden soeben besetzt

Soeben wurden die River View Flats in Cato Manor besetzt. Die 350 Wohnungen in diesem Block gehören SOHCO, einer sozialen Wohnungsgesellschaft, und nachdem im November alle Bewohner_innen geräumt worden waren, standen sie leer. Die securities schossen mit Gummigeschossen auf die Besetzer_innen. Die Polizei wurde hinzugezogen.

Jahrelang hat unsere Bewegung eine Menge Landbesetzungen organisiert. Dies ist das erste Mal, dass wir einen Wohnblock besetzen. Wir haben die Wohnungsbesetzung in River View in Amandlethu-Dorf umbenannt.

Unter den Genoss_innen, die die Besetzung dieser Wohnung heute nacht organisiert haben, waren welche, die im November 2013 aus diesen Wohnungen geräumt worden sind und welche, die zuerst im März 2013 aus ihren Baracken in Cato Manor geräumt wurden, und die dann ein neues Areal von Cato Manor geöffnet und besetzt haben, das sie Marikana benannt haben. Seither wurden sie neunmal von dieser neuen Besetzung illegal und gewaltsam geräumt, zuletzt am 23. Dezember 2013. Drei Genoss_innen wurden während dieses Kampfes ermordet, zwei weitere wurden angeschossen und noch viel mehr wurden verhaftet und angegriffen.

Wir haben diese Aktion nicht leichtfertig unternommen. Wir haben diese Wohnungen besetzt, weil sie leerstanden, während Menschen obdachlos sind. Wir haben diese Wohnungen besetzt, weil die Menschen, die im November von SOHCO geräumt wurden, obdachlos sind. Es wurde ihnen keine alternative Wohnmöglichkeit angeboten, wie es das Gesetz vorsieht. Wir haben diese Wohnungen besetzt, weil die Menschen, die auf der Marikana Landbesetzung in Cato Manor leben, weiterhin eingeschüchtert und geräumt werden. Wir haben diese Wohnungen besetzt, weil Leuten, die geräumt werden, einfach gesagt wird „geht dahin zurück, woher ihr gekommen seid“ oder „geht zurück nach Lusikisiki“. Wir haben diese Wohnungen besetzt, weil unsere Versuche, mit SOHCO zu verhandeln – mit der Organisation, die die River View-Wohnungen errichten hat lassen und der sie gehören – nichts als Frustration erbracht haben. SOHCO zieht es vor, uns der Welt als Kriminelle zu präsentieren, und schickt Bewaffnete, um uns aus unseren Wohnungen zu werfen. Wir haben diese Wohnungen besetzt, weil der ANC und die Polizei Aktivist_innen in Cato Manor umbringen, anstatt mit uns zu verhandeln. Wie SOHCO stellen sie uns als Kriminelle anstatt als Bürger_innen dar. Wir haben diese Wohnungen auch besetzt als eindeutige Absichtserklärung, das Jahr 2014 zu einem Jahr der Veränderungen zu machen. Wir werden unseren Kampf verstärken, bis die Gemeindeverwaltung sich bereit findet, mit allen demokratischen Organisation der Armen zusammen zu arbeiten, um eine Stadt für alle zu errichten. Dazu braucht es ein Ende der Repression, ernsthaftes und effektives Vorgehen gegen die Korruption und dafür, dass der gesellschaftliche Wert von Land und regierungseigenem Wohnraum Vorrang vor deren wirtschaftlichem Wert erhält.

Wenn die Stadt oder private Landeigentümer_innen sich weigern, mit uns zu verhandeln, werden wir zuerst eine Demonstration organisieren und ein Memorandum übergeben. Wenn dieses Memorandum ignoriert wird, werden wir Straßenblockaden organisieren, um eine Antwort auf unser Memorandum zu erhalten und um unsere Unterdrücker an den Verhandlungstisch zu zwingen. Wir werden auch die Besetzung der Büros der zuständigen Verwaltungsorgane in Erwägung ziehen. Wenn uns mit Repression begegnet wird, werden wir zeitgleiche Straßenblockaden in der ganzen Stadt zur Hauptverkehrszeit organisieren. Wenn die Menschen obdachlos bleiben, werden wir ungenutztes Landoder ungenutzte Gebäude, die der Regierung oder sogenannten Public-Private-Partnerships wie SOHCO gehören, besetzen. Jahrelang haben wir davor gewarnt, dass, wenn die Politiker_innen und die Beamt_innen sich weigern, mit uns zu verhandeln, wir auf die Straße und vor Gericht gehen werden, und falls diese Taktik fehlschlägt, dass wir zu direkten Aktionen greifen werden, um zu Land und Wohnraum zu kommen und um unsere Unterdrücker zu Verhandlungen mit uns zu zwingen. Das haben wir Plan B genannt. Wenn die Stadt sich weigert, mit uns zu verhandeln, wenn sie nichts gegen die Korruption unternimmt, und wenn sie mit der Repression fortfährt, werden wir mit den Straßenblockaden weitermachen und damit, regierungseigenes Land und Wohnraum zu besetzen. Das ist unsere Neujahrsresolution.

Sozialer Wohnraum, eine Partnerschaft zwischen Regierung und privaten Investor_innen waren in Durban ein kompletter Fehlschlag. Sozialer Wohnraum ist nicht demokratisch und im Interesse der Armen und der Arbeiter_innenklasse vergeben worden. Er wurde auf höchst autoritäre Weise und für die Profitinteressen der Reichen vergeben. Einer der größten Investoren beim sogenannten sozialen Wohnbau in Durban ist der berüchtigte, korrupte Jay Singh. Er und seine Frau Shireen Annamaly haben sich, ähnlich wie S’bu und Shawun Mpisane, am sozialen Wohnbau in Durban irre bereichert. Der öffentliche Wohnbau in dieser Stadt dient nicht den Armen und der Arbeiter_innenklasse. Er wird wie eine Mafia-Operation zwischen Politiker_innen und Unternehmer_innen betrieben, um diese reich zu machen und um diejenigen zu belohnen, die loyal dem ANC gegenüber sind.

Jay Singh betreibt sogenannte soziale Wohnbauprojekte in Phoenix, Chatsworth, Newlands und KwaMashu. Bei diesen Projekten wurden Verordnungen nicht eingehalten, die Häuser weisen alle Arten struktureller Mängel auf, den Menschen wurde erst erklärt, dass sie diese kaufen würden, und später, dass sie sie bloß gemietet haben, und die Mieten waren dann unerschwinglich. Einige (dieser Häuser) wurden dann illegal verkauft. Die Phoenix Tenants and Residents’ Association hat gegen Singh und seine Mafia gekämpft. Am 3. Dezember 2013 wurde eines von Singh’s Projekten in Newlands West von Bewohner_innen der Transitlager in Castlehill Road und Newlands Road besetzt.

SOHCO besitzt in Durban drei Wohnblöcke, River View in Cato Manor, Ridge View in Hillary und Port View in Albert Park. Die Gesellschaft bezog öffentliche Subventionen und Mieteinnahmen von den Bewohner_innen. In allen drei Wohnblöcken mussten die Bewohner_innen Mietstreiks durchführen. Mietstreiks sind eine bekannte Methode für Mieter_innen, um zu versuchen, die Eigentümer_innen an den Verhandlungstisch zu bringen. Es gibt sie auf der ganzen Welt. Ein Mietstreik, ebenso wie ein Streik am Arbeitsplatz, ist kein kriminelles Delikt. Er ist eine Kampfform. Er ist eine Form von Politik, die eingesetzt wird, wenn es keine Bereitschaft zu Verhandlungen gibt. Unsere Bewegung hat zu Mietstreiks gegriffen, z.B. gegen den Gangster und Landlord Ricky Govender in Motala Heights in Pinetown. Die Bewohner_innen der drei SOHCO-Gebäude haben einen Mietstreik unternommen, weil SOHCO nicht über ihre Reklamationen verhandeln wollte. Dabei ging es u.a. um nicht leistbare Mieterhöhungen, um die Weigerung, die ernsthaften Schäden in den Wohnungen zu beheben (darunter Risse und Lecks), und um die Tatsache, dass Leuten erst erzählt wurde, es handle sich um Ratenzahlungen und dann plötzlich wurde das in ein Mietverhältnis umgewandelt. In River View gab es jedes Monat Mieterhöhungen. SOHCO weigerte sich zu verhandeln und meinte bloß, wer sich die Erhöhungen nicht leisten könne, müsse gehen.

In Ridge View und River View wurde erfolglos der Rechtsweg versucht. In River View gaben die Bewohner_innen ihre gesamten Ersparnisse für einen privaten Anwalt aus, bis sie bankrott waren. Rechte auf dem Papier helfen in der Wirklichkeit nicht, wenn der Versuch, Zugang zu diesen Rechten zu erhalten, zum Bankrott der Menschen führt. Die Bewohner_innen von River View gingen zu ihrem Gemeinderat, Bhekisisa Mngadi. Er ist kein krimineller Gemeinderat. Er anerkannte die Probleme mit SOHCO und erklärte gegen Daily News, dass „das unsere Leute sind, keine Hunde“. Aber Mngadi wurde per SMS von höhergestellten Beamt_innen der Stadt bedroht. Er zeigte den Bewohner_innen diese Drohungen. Er rief eine höhere Beamtin der Wohnungsabteilung an und drehte den Lautsprecher des Telefons auf. Sie wusste nicht, dass der Lautsprecher eingeschalten war und sagte „diese Leute machen sich selbst zu Narren, wenn sie demonstrieren“. Als sich die Bewohner_innen direkt an die Wohnungsabteilung wandten, weigerte sich diese, ihnen zu helfen. Es hieß bloß, dass die Bewohner_innen die Räumung zu akzeptieren hätten und friedlich gehen sollten. Zwei Bewohner_innen wurden delegiert, sich mit Jacob Zuma zu treffen. Er traf sich mit ihnen. Zuma sagte, dass er ihnen nicht helfen könne, denn sie hätten einen Fehler gemacht, als sie sich Abahlali baseMjondolo angeschlossen hatten. Er sagte, dass sie ihre Probleme nur dem ANC zu vermitteln hätten.

SOHCO hat Bewohner_innen aus allen drei Gebäuden in Durban geräumt. Die Bewohner_innen von Valley View wurden am 1. November 2011 geräumt. Der erste Versuch, die Bewohner_innen von River View in Cato Manor am 2. September 2013 zu räumen, schlug fehl, nachdem Bewohner_innen eine große Barrikade aus brennenden Reifen errichtet hatten. Doch am 18. November 2013 wurden die Bewohner_innen erfolgreich geräumt. Wieder wurde eine Barrikade aufgestellt. Als klar wurde, dass die Polizei, private securities und die Roten Ameisen versuchen würden, die Barrikade zu durchbrechen, wurde sie angezündet. Feuerwehrschläuche wurden eingesetzt, um die Barrikade gegen die Demonstrierenden zu drücken, und zwei Menschen erlitten dabei schwere Brandverletzungen. Sibongile Dlamini, eine Frau, die Verbrennungen erlitten hatte, wurde in ein Spital gebracht und danach verhaftet und wegen öffentlicher Gewalt (public violence) angeklagt, obwohl sie schwer verletzt worden war und niemand etwas getan hatte.

Es gab zwar einen Gerichtsbeschluß für diese Räumung, aber die Räumung wurde nicht gesetzeskonform durchgeführt. Die Bewohner_innen erhielten keine Kopie des Beschlusses.

Die in River View Geräumten arbeiteten für die Gemeinde, für die Regierung und für Firmen wie Game und Pick’n’Pay . Nach der Räumung mussten einige von ihnen Durban verlassen. Andere wiederum schliefen in ihren Autos. Kinder mussten ihre Schule verlassen. Viele Menschen verloren ihre Arbeit. Menschen verloren ihre Sachen, darunter ihre Dokumente und Fotos. Jede_r wurde von der Räumung traumatisiert. Jede_r stand unter Stress. Die Leute konnten nicht mehr essen. Eine Frau musste zu ihrem Freund ziehen, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Dann fand sie heraus, dass in seinem Bett bereits eine andere Frau lag, und musste am Boden schlafen. Sie wurde gefragt, warum sie diesen Angriff auf ihre Würde akzeptierte. Sie antwortete, dass sie sich Würde nicht mehr leisten könne.

Die Menschen, die geräumt worden waren, waren sehr erbost über die Regierung, den ANC und über Jacob Zuma. Sie schlussfolgerten, dass dieses Land keine Demokratie ist und dass die Regierung eine ANC-Regierung und nicht eine des Volkes ist. Sie bilanzierten, dass der ANC sie fallen gelassen hatte.

SOHCO behauptet, es hätte die Bewohner_innen dieser drei Wohnblöcke in Durban räumen lassen müssen, weil sie alle Kriminelle seien, die versuchten, Gebäude “als Geiseln zu nehmen”. SOHCO kann nicht erklären, warum die Bewohner_innen der Meinung waren, sie müssten einen Mietstreik in allen drei Gebäuden durchführen, um zu versuchen, SOHCO zu Verhandlungen zu zwingen, oder warum in jedem der Gebäude die Bewohner_innen exakt dieselben Beschwerden gegen dieses Unternehmen vorbrachten. Einige Zeitungsberichte haben bloß die Versuche von SOHCO wiederholt, die Bewohner_innen zu kriminalisieren, ohne auch nur zu versuchen, sich die Geschichten der Bewohner_innen anzuhören, oder herauszufinden, wer an den SOHCO-Projekten verdient, und wie. Andere haben es besser gemacht und mit Bewohner_innen ebenso gesprochen wie mit SOHCO und der Polizei.

Die Regierung versucht immer, die Armen von der Arbeiter_innenklasse und der Mittelschicht zu trennen. In Clare Estate haben wir ein Bündnis mit der Mittelschicht, der Vereinigung der Ratenzahler_innen geschlossen, um gemeinsam ein Clare Estate für alle zu fordern. In Cato Manor haben wir bei dieser Besetzung die Armen und die Arbeiter_innenklasse vereinigt. Die Genoss_innen der Marikana-Landbesetzung unterstützen diese Besetzung, weil sie wissen, was es heißt, geräumt zu werden, denn sie haben das Vertrauen in diese korrupte Regierung verloren, denn das Gesetz hilft ihnen nicht, und weil sie Wohnraum benötigen. Die Genoss_innen der Marikana-Landbesetzung haben eine ernsthafte Repression überlebt, weil sie vereinigt sind. Die von SOHCO in Hillary (Ridge View) Geräumten wurden geschlagen, weil sie gespalten waren. Die Bewohner_innen von River View haben eine gute Lektion aus den Erfahrungen der Bewohner_innen von Ridge View und den Bewohner_innen der Marikana-Landbesetzung gelernt. Sie halten stand mit derselben Einheit und Courage wie die Bewohner_innen der Marikana-Landbesetzung. Wir haben uns dazu verpflichtet, alle unsere Besetzungen, darunter Landbesetzungen und Wohnraumbesetzungen, auf demokratischer Basis durchzuführen, mit gewählten Führer_innen, dem Recht, die Führer_innen abzusetzen und offene Massenversammlungen durchzuführen. Wir haben uns dazu verpflichtet, Frauen auf allen Ebenen unserer Bewegung in Führungspositionen zu bringen, junge Frauen einbezogen. Viele der Schlüssel-Organisator_innen dieser Besetzung sind junge Frauen.

Wir haben einen detaillierten Bericht über Korruption und die illegalen Räumungen sowie die Repression in Cato Manor erstellt, den wir demnächst an Thuli Madonsela übergeben werden. Weiters werden wir dem Public Protector  einen Bericht über das totale Versagen beim sozialen Wohnbau in Durban und wie dieser korrumpiert worden ist, übergeben.

Einige unserer Mitglieder wuchsen auf mit der Geschichte des Kampfes der Frauen in Cato Manor im Jahr 1959. Wir haben Mitglieder, deren Mütter Teil dieses Kampfes waren. Cato Crest und die Wohnungen in River View sind beide Teil von Cato Manor, von Umkhumbane. Die River View-Wohnungen blicken auf den Umkhumbane-Fluss. Der ANC erzählt uns, dass die Frauen, die den Kampf gegen die Räumungen in Cato Manor 1959 anführten, Frauen wie Florence Mkhize und Dorothy Nyembe, Heldinnen sind. Aber wenn Frauen von Abahlali Land und Wohnraum, Sicherheit und Würde fordern, dann sind sie Kriminelle. Wir sind sicher, dass der Apartheid-Staat Florence Mkhize und Dorothy Nyembe ebenfalls Kriminelle nannte. Aber in den Herzen der Menschen lebten sie als Heldinnen, ebenso wie die Frauen, die den Kampf in Cato Manor heute führen, in unseren Herzen als Heldinnen leben. Wir sehen eine direkte Verbindung zwischen den Heldinnen von 1959 und den Heldinnen von heute. Wir sehen auch eine direkte Verbindung zwischen den weißen Buren der Apartheid und den schwarzen Buren von heute. Der Kampf um Umkhumbane geht weiter. Der Kampf der Frauen in Umkhumbane geht weiter. Der Kampf, Durban zu einer Stadt für alle zu machen, geht weiter. Der Kampf sicher zu stellen, dass Land, Städte, Wohlstand und Macht in Südafrika gerecht geteilt werden, geht weiter.

Wir sind immer noch bereit zu verhandeln. Aber wenn uns Verhandlungen verweigert werden, und wenn wir mit Räumungen und Repression konfrontiert werden, werden wir direkte Aktionen setzen, um zu stören, zu besetzen und uns zu vernetzen.

Wir senden allen unseren Genoss_innen in Südafrika und der ganzen Welt unsere Neujahrsgrüße. Machen wir 2014 zu dem Jahr, in dem wir alle unsere Stärke erkennen, um unseren Kampf weiter zu führen, um sicher zu stellen, dass die Würde aller Menschen respektiert wird, dass wir alle dasselbe Recht auf Stadt haben, und dasselbe Recht, unsere Gesellschaft zu regieren, und dass die Macht der Politiker_innen und der Kapitalist_innen über das Land, die Städte und den Wohlstand dieser Welt gebrochen wird.

Kontakt: Nono 074 803 1986, Ndabo 072 401 5974, Bandile 084 557 5090, S’bu 083 547 0474

Sekwanele! Kein Wohraum! Kein Land! Keine Stimme! Jede_r zählt!

Anmerkung:

1) Eine der größten Billig-Supermarktketten in Südafrika