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28 October 2010

BarackenbewohnerInnen in Durban im Aufbruch

http://akkrise.wordpress.com/2010/10/22/barackenbewohnerinnen-in-durban-im-aufbruch/

BarackenbewohnerInnen in Durban im Aufbruch

Richard Pithouse

In der südafrikanischen Hafenstadt Durban begann der Bau von Barackensiedlungen mit dem Landverlust und der Auferlegung verschiedener Steuern nach der Zerstörung des Zulu-Königreiches durch den englischen Kolonialismus 1883 und dem gleichzeitigen Zuzug indischer ArbeiterInnen, die ihren Arbeitsvertrag auf den Zuckerplantagen erfüllt hatten, in die Stadt. Bald versuchten die Kolonialbehörden, gegen die Siedlungen vorzugehen, aber diese wurden mit einer Serie von Rebellionen verteidigt. Eine Zeitlang blühte Cato Manor, die größte Siedlung, auf und ihr städtischer kosmopolitischer Ansatz schuf alles, von ihren berühmten homosexuellen communities, deren homosexuelle Ehen bahnbrechend für Südafrika waren, bis hin zu allen Arten von Synthesen von Musicals und Tänzen, die bis in die Gegenwart wirken. Aber im März 1958, als die Bevölkerungsanzahl in Cato Manor bereits 120.000 betrug und der Apartheidstaat seine stärkste Macht erlangte, begann der Stadtrat von Durban, der innerhalb einer kolonialistischen akademischen und politischen Übereinstimmung mit globaler Tragweite arbeitete, ein „Slumbereinigungs“-Projekt, das darauf abzielte, BarackenbewohnerInnen zwangsweise in rassisch getrennte moderne townships am Stadtrat zu übersiedeln.

Zwangsumsiedlungen wurden militant bekämpft, vor allem deshalb, weil die Transportkosten von den neuen townships zu den Arbeitsplätzen nicht leistbar waren. Demonstrationen im Jahr 1959 stoppten die Räumungen drei Mal. Es gab Augenblicke, in denen der Widerstand eindeutig als ein Frauenprojekt organisiert war und sich dementsprechend artikulierte. Als der Konflikt eskalierte, kamen Menschen ums Leben. Im Jänner 1960 marschierten 6.000 Menschen in die Stadt. Die Proteste in und um die Siedlung waren bis zu einem gewissen Grad toleriert worden, aber in dem Moment, da die BarackenbewohnerInnen in die Stadt marschierten, war es vorbei mit der Toleranz. Die Armee wurde eingesetzt und der Widerstand brach zusammen. Die Massenräumungen wurden bis August 1965 weitgehend abgeschlossen und gelten immer noch als ein großes Verbrechen der Apartheid.

Aber Anfang der 80er Jahre verlor der Apartheidstaat, der Namibia besetzt hielt, in Angola mit den Kubanern und der MPLA im Krieg lag und aufständische township-Rebellionen im ganzen Land bekämpfte, die Kapazität, die Bewegung der AfrikanerInnen völlig zu regulieren. Es gelang den Menschen, in die Städte zu strömen, unter Mißachtung des Staates Land zu besetzen und vom Staat autonome communities zu gründen. Diese Bewegung in die Stadt wurde in den weißen und indischen communities mit gewaltiger rassistischer Panik aufgenommen, während sie vom ANC im Untergrund und im Exil gefeiert wurde. In den Außenbezirken entwickelten sich die Siedlungen üblicherweise als sorgfältig versteckte Strukturen, im dichten Busch auf steilem Terrain nächtens errichtet. Offener Widerstand gegenüber Räumungsbedrohungen wurde möglich, als die Siedlungen groß genug wurden.

Es gab eine herbe Pattsituation. Aber gegen Ende der 80er Jahre lautete der Konsens der von der Weltbank unterstützten Eliten, dass Barackensiedlungen, nunmehr „informelle Siedlungen“ anstatt „BesetzerInnencamps“ genannt, eher Möglichkeiten zur Selbsthilfe mittels öffentlicher Unternehmungen denn eine Bedrohung der weißen Modernität, des Staates und des Kapitals seien. Es wurden NGOs geschaffen, die in die imperialistischen Machtstrukturen eingebettet waren, um die Armen dahingehend zu beeinflussen, dass sie nur auf Selbsthilfe mittels kleiner Geschäfte hoffen könnten, während die Reichen mit dem großen Geschäft in geschützten Büroanlagen fortfuhren.

Mit der Legalisierung des ANC 1990 wurde von den Komitees in den Siedlungen erwartet, dass sie sich der South African National Civics Organisation (SANCO) anschlossen und in jedem Wahlbezirk erhielt jedes Komitee einen Sitz im Branch Executive Committee des lokalen ANC, dem der lokale Rat vorstand. So sollte der bottom-up-Ansatz in der Volksmeinung gefödert werden. Anfänglich schien das zu funktionieren.

In den 90er Jahren versprach der ANC, dass er sich zu allererst “gemeinsam mit unseren Leuten die Anliegen der Ärmsten der Armen, die in den besetzten Lagern wie Kennedy Road, Lusaka und Mbambayi leben, kümmern“ werde.1 Ihre Macht, und damit ihre Macht, die Militanz der Massen zu demobilisieren und für ihre Traditionen zu sprechen, wurde zuerst und vor allem im Namen der Ärmsten gerechtfertigt – der Leute in den „BesetzerInnenlagern“ wie Kennedy Road.

2001 wurde für ein Pilotprojekt des UN-Habitat-Projektes Städte ohne Slums ausgewählt. Das wurde anfangs als der Beginn der Einlösung der Versprechen des ANC gefeiert. Aber nun, da Barackensiedlungen mehr als Slums galten, die zu säubern seien, denn als informelle Siedlungen, die entwickelt gehörten, wurde sofort die Lieferung von Strom und anderen Dienstleistungen an die Siedlungen gestoppt. Das Slumbereinigungsprojekt plant, eine Minderheit der BarackenbewohnerInnen zwangsweise in schlecht gebaute Häuser in der Größe von Baracken in neuen townships in der ländlichen Peripherie der Stadt umzusiedeln. Die Mehrheit wird als kriminell, dreckig und als Träger von Krankheiten betrachtet, und ihre Häuser werden einfach zerstört werden. Die Siedlungen werden in einer Reihenfolge zerstört, die sich daraus ergibt, in welchem Ausmaß sie von der bürgerlichen Welt aus wahrgenommen werden. Umsiedlung in die ländliche Peripherie der Stadt schafft die Menschen weg von ihrer Arbeit, den Schulen, der Gesundheitsversorgung und allem, was die Stadt sonst noch zu bieten hat, und ist ausnahmslos katastrophal. Diese Rückkehr der brutalen Logik der Apartheid wird von einer technokratischen Rationalität übertüncht, die sich selbst zum Transportmittel erklärt, das an die Armen „liefern“ wird. Tatsächlich liefert sie die Armen den Händen der Reichen aus. Aber weil „Lieferung“ unerbittlich als technokratisches und nicht als politisches Projekt präsentiert wird, wird die Opposition dagegen in der öffentlichen Meinung der Eliten als zwangsläufig kriminell betrachtet.

Als das klar wurde, wurde die Parteistruktur, die bis in die Intimität des täglichen Lebens reicht, dazu verwendet, Meinungsverschiedenheiten einzudämmen. Oft hat das die Form offener und manchmal bewaffneter Einschüchterung angenommen. Aber letztes Jahr registrierte die Polizei an die 6.000 illegale Proteste im ganzen Land, von denen die meisten aus den Barackensiedlungen kamen. Sowohl Thabo Mbeki als auch die linken Intellektuellen, die mehr an einer Politik für die Armen als einer Politik der Armen arbeiten, bezeichnen diesen Aufschwung von Massenmilitanz als „Dienstleistungsproteste“. Mit anderen Worten, der ANC und viele seiner elitären linken KritikerInnen teilen die Sichtweise, dass die Armen eine effektivere technokratische „Lieferung“ fordern. Würden sie mit den Armen sprechen, anstatt für sie zu sprechen, sie würden der Staat und die Linken rasch eines Besseren belehrt.

Der erste große Bruch mit der Kontrolle der Partei über die Siedlungen in Durban geschah am 19. März letzten Jahres. Am Vortag hatten Bulldozer damit begonnen, ein Stück Land, das an die Siedlung Kennedy Road angrenzt und schon seit langem als Bauplatz für Wohnraum versprochen war, aufzugraben. Die Menschen erfuhren von den Arbeitern auf der Baustelle, dass es sich hier nicht um den Beginn der lange erwarteten Entwicklung von Wohnraum handelte, sondern dass hier eine Ziegelfabrik gebaut würde. Sie ersuchten den lokalen Stadtrat, zu kommen und zu erklären, was hier geschah. Er kam mit der Polizei an und verlangte die Verhaftung seiner WählerInnen. Er bezeichnete sie als Kriminelle. In dieser Nacht gab es in der Siedlung ein Massentreffen. Das SANCO-Komitee geriet unter starken Druck, und nach langen und sorgfältigen Diskussionen wurde eine neue Form von Aktion beschlossen. Früh am nächsten Morgen verbarrikadierten einige hundert Menschen eine wichtige Straße mit brennenden Autoreifen und hielten die Barrikade gegen die Aufstandsbekämpfungspolizei 4 Stunden lang aufrecht; es kam zu 14 Verhaftungen. Alfred Mdletshe erklärte Fred Kockott, dem ersten Journalisten vor Ort, dass „wir es leid sind, im Dreck zu leben und gehen. Der Rat muss uns Land für Wohnraum zur Verfügung stellen. Stattdessen geben sie es Eigentumsentwicklern, um Geld daraus zu machen.“2 Mit diesem spektakulären Akt kündigten die Siedlung und ihr regierendes Komitee ihre Unabhängigkeit von Parteikontrolle an.

Am Montag nach den 14 Verhaftungen führten 1.200 Leute einen illegalen Marsch zur Polizeistation durch, wo die 14 festgehalten wurden. Ihre Forderung lautete, entweder werden die Kennedy Road 14 freigelassen oder die gesamte community wird verhaftet, weil „wenn sie kriminell sind, sind wir alle kriminell“. Der Marsch wurde mit noch mehr Schlägen, Hunden und Tränengas zerschlagen. Damals gab es keine Verhaftungen, denn die Polizei suchte nach einer bestimmten Person – S’bu Zikode, den jungen Vorsitzenden des Kennedy Road Komitees. Er entkam, als Frau verkleidet, im Schutz der Menge. Danach, zurück in der Siedlung, wurde die Reihe junger Männer, die die Gasgranaten auf die Polizisten, die gegen ihre gepanzerten Fahrzeuge gelehnt waren, zurück warfen, von betrunkenen, sarkastischen Rufen „Viva Mandela!“ und „Viva makhomanisi!“ (Kommunisten) gefolgt von hämischem Lachen unterhalten. Bei einem dichtgedrängten Treffen im Gemeindesaal an diesem Abend gab es keine leeren Parolen, pompösen Reden oder ritualisierten Aufrufe autoritärer Führer, die nationale Befreiungsbewegungen an oder nahe der Macht charakterisieren. Es gab nur kurze und intensive debattierte praktische Vorschläge. Sie hatten den Tunnel der Entdeckung ihres Betrugs betreten und ihre Fähigkeit zu offenem Widerstand entdeckt. In diesem Moment gab es eine überwältigende Stimmung völliger kollektiver Isolierung von den Strukturen und den Kuchenstücken verfassungsmäßiger Macht. Der Deckel des Gehorsams war geöffnet worden. Zikode erklärte „nun sind wir auf uns gestellt”. Das eine hatte zu dem anderen geführt. Nichts war gleich geblieben seit der kollektiven Auseinandersetzung mit den beiden Wahrheiten, die aus der Straßenblockade zutage getreten waren.

Alain Badiou besteht darauf, dass politische Courage nur eine Definition kennt: “Exil ohne Wiederkehr”.3 Viele Menschen fürchteten, dass sie für ihre Exilierung von der Unterordnung unter äußere Autoritäten einen hohen Preis zahlen würden. Aber sie unternahmen sie, obwohl sie in einen offenen Abgrund starrten und sie erhielten ihr Exil aufrecht, als sich immer deutlicher zeigte, dass es das Anfreunden mit Verstecken im Busch, Schlägen, Verhaftungen, verängstigten Familien, kreisenden Hubschraubern, Alpträumen und für einige Todesdrohungen forderte. Die Idee des Exils funktioniert oft als pathologische, narzisstische Form der Machtlegitimierung einer kleinen Avantgarde. Aber Zikode hat oft darauf bestanden, dass „unsere hausgemachte Politik“ derart beschaffen sein muss, dass „jede alte gogo (Großmutter) sie verstehen kann“. Es gibt eine eindeutige und oft öffentlich wiederholte Selbstverpflichtung, mehr gemeinsam denn für die Masse zu denken. Wir kamen drauf, dass kollektives Exil seine guten Seiten hat. Erstens ist es eine Voraussetzung für Massenmilitanz. Wie Peter Hallward erklärt, indem er Baliou zitiert:

Politik ist erst und vor allem um eine radikale Bruderschaft organisiert, ehe sie sich auf das imaginäre Streben nach Gleichheit oder die symbolische Annahme von Freiheit bezieht. Echte Politik beginnt mit einer Aufdeckung der „wahren Gewalt von Bruderschaft“ und wird aufrecht erhalten in der praktischen Anwesenheit ihrer „Demonstration“ [Manifestation]. Politik existiert nur im Medium ihrer aktiven Manifestation: Bruderschaft ist weniger darstellbar und weniger eine Funktion soziologischen Wissens oder gesetzlich Abläufe als eine Demonstration oder ein Aufstand.4

Zweitens ist die Reflexion vom Exil aus eine Vorbedingungen dafür, Philosophie zu betreiben. Wieder Badiou: „Für den Philosophen ist jeder Konsens suspekt“.5 Pierre Hadot argumentiert, dass „philosophischer Diskurs nun dazu tendiert, als Objekt nichts anderes zu haben als weiteren philosophischen Diskurs“6 und er schlägt dagegen Philosophie als eine Lebensweise vor – „eine Konversation, eine Transformation einer Lebensweise und ein Streben nach Weisheit.“7 Das Exil, und die Courage, dort zu bleiben, machten das möglich. Das ist einer der Gründe, warum das oft wiederholte Mantra von S’bu Zikode, dass „wir sind im Leben arm, nicht aber im Geist“ so rasch Teil des gemeinsamen Selbstverständnisses dieses Kampfes wurde.

Nach zehn Tagen im Gefängnis, verschiedenen Vorführungen vor Gericht und schließlich der maßgeblichen kostenlosen Intervention von AnwältInnen, die den Magistrat kannten, wurden die Kennedy Road 14 entlassen. Das Kennedy Road Development Komitee organisierte ein heroisches Willkommen für die vierzehn. Jeder der Angeklagten sprach, und jeder beteuerte seine Bereitschaft, noch einmal Gefängnis zu riskieren. Dann, ehe die Musik lauter gedreht wurde, begeisterte Zikode die Menge mit einer sanften Rede über Leiden als eine Quelle und Legitimation von Revolte. Das Leiden der Beherrschten als eine Basis für die Theoretisierung von Widerstand durch die Beherrschten ist in der aktuellen metropolitanen Theorie nicht modern. Das überrascht nicht. Aber es ist sehr wichtig, die Realität des Leidens ernst zu nehmen, denn radikale Politik muss verstehen, dass es eine Wahrheit dieser Welt ist, muss sich darauf beziehen, indem sie es anerkennt und teilt, und davon lernen. In den folgenden Treffen sprachen Menschen oft darüber, „im Leiden erwachsen geworden“ zu sein. Lewis Gordon hat die Tatsache hervorgehoben, dass Fanons Rebellion gegen „eine Abfolge von Negationen der Menschheit“ mit Weinen begann. Fanon berichtete, dass:

Gestern, als ich gegenüber der Welt erwachte, sah ich den Himmel, der sich vollkommen entfaltete. Ich wollte hinauf, aber die ausgeweidete Stille kam über mich, ihre Flügel waren paralysiert. Ohne Verantwortung, in einer Grätsche aus Nichts und Endlosigkeit, begann ich zu ewinen.8

Dieses Weinen war das Akzeptieren eines hohen Grades an Entfremdung von den gegenwärtigen Kuchenstücken – Unwahrheiten. Es war nicht ein kathartisches Öffnen in eine Politik der Freude. Es war der Beginn von etwas insgesamt Drastischerem – das Ende des falschen Glaubens. Die Idee, dass dieser Kampf um die Wahrheit geführt wurde – entschieden die Wahrheit und ihre Konsequenzen hochhalten und entschieden die Wahrheit gegen die Lügen zu stellen war von Beginn an zentral in den Diskussionen. Jetzt wird oft gesagt, dass diese Offenheit für die Wahrheit, eine Offenheit, die jede und jeden und alles zu Subjekten kritischer kollektiver Reflexion macht, eine notwendige Vorbedingung für politische Projekte, die Legitimität haben sollen, ist.

Den ersten beiden illegalen Protesten der Siedlung Kennedy Road folgte eine Serie von legalen Märschen zu den örtlichen GemeinderätInnen, an einigen nahmen an die 5.000 Menschen teil. Der Staat versuchte die übliche Mischung einer Strategie von Lock- und Zwangsmitteln, um die Märsche zu stoppen, wobei zu letzteren zählte, die Siedlung mittels einer spektakulären Zurschaustellung staatlicher Macht von der Armee besetzen zu lassen. Aber die Demonstrationen gingen weiter und es beteiligten sich Menschen aus mehr und mehr Siedlungen. Bei jedem dieser Märsche trugen die DemonstrantInnen einen Sarg mit und hielten dann eine Begräbnisperformance ab, bei der der Stadtrat vor seinem Büro begraben wurde. Sie begruben den Stadtrat nicht nur als unzulängliche Instanz eines Gemeinderats, sondern sie begruben die ganze Idee einer von oben organisierten Kontrolle durch die Partei. Kennedy Road hatte mit SANCO brechen müssen, wenn sie politisches Exil akzeptierten. Aber nun begannen andere Siedlungen sich außerhalb der SANCO-Komitees zu artikulieren, die sie als dem lokalen ANC gegenüber verpflichtet betrachteten, und autonome Komitees zu wählen, die als den Menschen in den Siedlungen gegenüber rechenschaftspflichtig betrachtet wurden. Das wurde nicht zwangsläufig als anti-ANC empfunden. In der Siedlung Foreman Road argumentierte Mnikelo Ndabankulu, dass das neue autonome Komitee nicht gegen den ANC war, sondern dass SANCO „wie Christen war, die den Bischof anbeten, anstatt dass sie zu Gott beten“. Er legte ein mächtiges Zeugnis ab, wie er die Geschichte des Kampfes und des ANC von seinem Großvater in seinem ländlichen Dorf in der Transkei gelernt hatte, und blieb den Ideen des ANC verbunden, nicht aber dessen Führung. In einigen Siedlungen führte diese Position zu ernsthaften und wiederholten bewaffneten Einschüchterungen durch Mitglieder und Verbündete früherer SANCO-Komitees. Aber am 6. Oktober trafen sich 17 Männer und 15 Frauen, die in 12 Siedlungen, die nun autonome Komitees hatten, als VertreterInnen gewählt worden waren, um sich selbst formal als Bewegung zu konstituieren, Abahlali baseMjondolo, und um sich gegenseitig zu versichern, dass sie zusammenstehen und zusammen um Land und um Wohnraum in der Stadt kämpfen würden.

Von Anfang an waren die Treffen der Motor des Kampfes von Abahlali. Musik, Tanz, ökumenische Gedenken für Menschen, die in den unbarmherzigen Barackenbränden gestorben waren, einfach rumhängen und eine neue Fußball-Liga mit 16 Vereinen, all das dient dazu, die Courage zu erhalten und Solidarität zu weben. Aber die Treffen, die immer für alle offen sind, sind der Ort, an dem die intellektuelle Arbeit getan wird. Viele AktivistInnen haben guten Grund, die Treffen als langsame, enervierende Alpträume zu scheuen. Aber Fanon, ein Mann mit einer zweifellos engen Bindung an Aktion, feiert sie als liturgische Akte. Die religiöse Sprache ist nicht nur deshalb angebracht, weil die Treffen dazu dienen können, die Verleumdeten zu verbinden und zu legitimieren und um Hoffnung zu schaffen. Sie ist auch angemessen, weil die Treffen, wenn sie wirklich gegenüber dem breiteren Leben, wie es in allgemeinen gelebt wird, offen sind, ein Ort für Menschen und communities sind, um etwas Neues zu werden – in diesem Fall historische AgentInnen in der materiellen Welt.

Wie Fanon empfiehlt auch Alain Badiou einen Bruch mit der Vertretungspolitik, betrachtet lokale Politik als Ort dafür und preist die Treffen als zentral für einen radikalen Prozess. Denn Badiou:

Zu sagen, dass Politik “von den Massen” gemacht wird bedeutet schlichtweg, dass anders als bürgerliche Verwaltung diese sich selbst die Aufgabe stellt, das Bewußtsein der Menschen in ihren Prozess mit einzubeziehen, und das tatsächliche Leben der Beherrschten direkt zu berücksichtigen. … Politik ist von den Massen, nicht weil sie die „Interessen der großen Mehrheit“ berücksichtigt, sondern weil sie auf der wahrhaftigen Annahme beruht, dass niemand versklavt ist, ob in Gedanken oder in der Tat, von der Bindung die aus den Interessen kommt, die eine reine Funktion von jemandes Ort ist.9

Die Diskussion auf Abahlali-Treffen ist nicht eine Aufführung von Einschließung, um einen anderswo bestimmten Ausgang zu legitimieren. Gewählte FührerInnen und Individuen mit unterschiedlichen Formen relativer Privilegien tendieren üblicherweise zu Positionen, die sie nicht hatten, als sie angekommen waren. Wenn die Treffen zu einem Ergebnis führen, sind wir alle diesem verpflichtet. Das beruht auf sehr geschätzten ethischen Verfplichtungen. Aber ebenso auf Notwendigkeit. Es gibt keinen anderen Weg, eine gemeinsame Übereinstimmung für ein riskantes politisches Projekt innerhalb einer äußerst unterschiedlichen Gruppe von verletzbaren Menschen mit schwerwiegenden Erfahrungen von Marginalisierung und Ausbeutung in vielen Sphären des Lebens, darunter politischen Projekten, die in ihrem Namen durchgeführt wurden, zu schaffen und aufrecht zu erhalten. Es gibt keine Patronage zu verwalten. Wenn Demokratie jemals zu einer Aufführung wird, statt dass sie Realität ist, dann wird die kollektive Bewegung aus den Orten, an denen BarackenbewohnerInnen sich aufhalten, enden. Das wissen alle.

Die lokalen Wahlen standen an. Viele Leute wollten ursprünglich, dass Abahlali unabhängige KandidatInnen aufstellt. Aber schlußendlich wurde beschlossen, einen kollektiven Boykott zu organisieren. Der Boykott wurde in einer Serie von Diskussionen, die zum Schluß kamen, dass es einen Unterschied zwischen „Parteipolitik“ und „Volkspolitik“ gibt, und dass erstere, die als Mechanismus der Kontrolle durch die Eliten identifiziert wurde, immer zum Einfangen der letzteren, die als Raum für Volksdemokratie identifiziert wurde, führt, genau theoretisiert. Die Entscheidung, sich für Volkspolitik zu entscheiden, ist keine Verpflichtung, die Autonomie vom Staat zu betreiben. Auf der anderen Seite gibt es einen harten, täglich geführten Kampf, die lokalen Manifestationen des Staates der Gesellschaft unterzuordnen und, auf Grundlage der Bedingungen jeder Siedlung, Zugang zu staatlichen Dienstleistungen wie Wasser, Strom, Toiletten, Müllentsorgung, Bildung und Gesundheitsversorgung zu gewinnen. Jedenfalls ist es eine Entscheidung, die politische Autonomie der Siedlung zu verfolgen. Die prinzipielle Entscheidung, eine Distanz zu dem zu schaffen, was allgemein als Form von Politik betrachtet wird, die einen unvermeidlichen, korrumpierenden Einfluss auf jeden Versuch, einen auf Wahrheit beruhenden Kampf zu führen, hat, war der Schlüssel für den raschen Aufbau einer Massenbewegung. Menschen in anderen Siedlungen waren im allgemeinen begierig darauf, mit Menschen zu sprechen, die sich öffentlich darauf festgelegt hatten, politisch gegenüber der konstitutionellen Macht autonom zu bleiben und permanent die konstitutionelle Macht zu hinterfragen. Die Festlegung darauf, die Volkspolitik autonom gegenüber dem korrumpierenden Einfluss der Staatsmacht zu halten beinhaltete eine Verfplichtung einer/eines jeden, die/der ein gewähltes Amt in der Bewegung annahm, sich selbst an die letzte Stelle zu setzen auf der Liste0, wenn der Wohnraum gewonnen sein würde. Das war ein dramatischer Bruch mit der Politik der lokalen Patronage, die so typisch für den ANC und SANCO war.

“Volkspolitik” wurde auch als ein anhaltendes Projekt des sich entwickelnden Selbstbewußtseins theoretisiert, S’bu Zikode, Chef von Abahlali baseMjondolo nannte es erstmals „eine Politik der Armen – eine hausgemachte Politik, die jedeR verstehen und in der jedeR seinen Platz finden kann“. Die Tendenz der Mittelklasse, das Recht auf Führung anzumassen, drückt sich üblicherweise in offenen und verdeckten, in bewussten und unbewussten Versuchen aus, die Macht aus den Orten, an denen die Armen stark sind, wegzuziehen. Aber in Wirklichkeit werden die Menschen, die eine Bewegung ausmachen, wissen, was die dringendsten Punkte sind, wo die Herrschaft am meisten behindert, wo der Widerstand effektiv Druck machen kann und wie am besten mobilisiert wird. Eine Politik, die nicht von jeder und jedem verstanden und besessen werden kann, ist Gift – sie wird immer demobilisieren und entmachten, sogar wenn sie mehr weiß über die Weltbank, das Weltsozialforum, Empire, Trotzky oder einige moderne Theorien als die Leute, die etwas über das Leben und den Kampf in den Siedlungen wissen. Die Formen, Sprachen, Jargons, Interessen, Zeiten und Orte einer genuin radikalen Politik müssen die sein, in denen die Armen stark sind und nicht die, in denen sie still sind, weil sie von außen geführt werden. JedeR, die/der Solidarität anbieten möchte, muss zu den Orten kommen, an denen die Menschen stark sind und in den sozialen Formen arbeiten, in denen die Armen stark sind. Menschen, die die Bewegung gegenüber den Medien, in Verhandlungen und in verschiedenen Foren vertreten, müssen gewählt werden, sie müsen ein Mandat bekommen und verantwortlich sein und sie müssen rotieren. Das politische Projekt darf nicht „privatisiert“ werden und der Staat, die Parteien, NGOs und die Mittelklasselinke muss mit einer Hydra, nicht mit einem Kopf konfrontiert werden.

Elitären SozialistInnen und radikalen NationalistInnen muss begegnet werden, wenn sie BarackenbewohnerInnen “ignorant” nennen, weil sie ihren Kampf damit beginnen wollen, die Beziehungen der Herrschaft zu bekämpfen, die ihren Bestrebungen am unmittelbarsten schaden, und die innerhalb ihrer Möglichkeiten, effektiv zurück zu schlagen, sind. Demokratischer Volkskampf ist eine Schule und wird seinen Bereich ausdehnen, während er Fortschritte macht. Aber damit Widerstand möglich ist, braucht es eine permanente kollektive Reflexion der lebendigen Erfahrungen des Kampfes, um in der Lage zu sein, den Massencharakter aufrecht zu erhalten, während der Widerstand wächst und sich entwickelt. Notwendig ist es, Möglichkeiten für so viel Menschen wie möglich zu schaffen, in einem Rahmen von zusammenhängenden intellektuellen Räumen innerhalb der Siedlungen zu sprechen und zu denken. Deshalb hat Abahlali erklärt, eine Universität schaffen zu wollen. Der Fortschritt kommt aus der Qualität der Arbeit, die in den Siedlungen geleistet wird, und in Zulu und Xhosa, nicht von einigen Leuten, die in von NGOs in englisch gehaltenen Workshops den Jargon der Mittelklasselinken lernen, auf der anderen Seite des Stacheldrahtzauns. Dieser Jargon wird dazu tendieren, völlig zu entmachten, wegen seines völligen Desinteresses an den lokalen Herrschaftsbeziehungen, die oft eine Bewegung sowohl mit ihren unmittelbaren Bedrohungen als auch ihren Möglichkeiten für einen Kampf gegen dieselben zeigen. Für die meisten BarackenbewohnerInnen beginnt der Kampf mit diesen Toiletten, diesem Land, diesen Räumungen, diesen Bränden, diesen Abflusshähnen, diesen Slumlords, diesen PolitikerInnen, diesen gebrochenen Versprechen, diesen Entwicklern11, diesen Schulen, diesen Kinderkrippen, diesen Polizisten, diesen Morden. Weil der Kampf mit einem militanten Engagement bei diesem Konkreten beginnt, legt sein Denken sofort materielle Kräfte gegen materielle Kräfte frei – Körper und Lieder und Steine gegen Gewehrkugeln. Er ist von Anfang an real. Und wenn er ein massendemokratisches Projekt bleibt, immer offen gegenüber Neuerungen von unten, wird er real bleiben, während er sich entwickelt. Die Theoretisierung einer Politik der Armen bei den Treffen der Bewegung ist ähnelt oft dem Denken Fanons über Volksmilitanz. Wie Nigel Gibson erklärt, verweigert sich Fanon gegenüber der restiktiven Politik der Eliten aus Parteien, Führern, Soldaten, Technokraten und so weiter und sucht stattdessen danach, Möglichkeiten für die Subaltern zu schaffen.

[EinE] ProtagonistIn betritt nicht nur die Geschichte, sondern wird deren AutorIn. Alle können bei der Wiederherstellung und Entdeckung der Nation mitmachen, indem sie ein soziales Kollektiv schaffen, in dem Wahrheit zur Subjektivität wird und Subjektivität eine Dimension von Objektivität erwirbt … Fanon betrachtete es als die „Praxis der Freiheit“, die in „der Struktur des Volkes“ stattfindet.12

Es wurde beschlossen, den Wahlboykott mit einem Marsch in die Stadt und zum Bürgermeister unter der Parole „Kein Land, Kein Wohnraum, Keine Stimme“13 anzukündigen. Wie 1960 war das ein etwas zu großer Schritt. Einige Tage vor dem Marsch untersagte Mike Sutcliffe, der Stadtmanager und ein ehemaliger marxistischer Akademiker illegalerweise die Demonstration mittels Fax. Zwei Tage später verzichteten über 3.000 Menschen für einen Tag auf Arbeit und versammelten sich, um zum Bürgermeister zu marschieren. Aufstandsbekämpfungspolizei war geschickt worden, um das illegale Verbot der Demonstration durchzusetzen. Das Komitee der Foreman Road erklärte, dass eine Demonstration unter diesen Umständen sehr gefährlich wäre. SprecherIn um SprecherIn aus der Menge antworteten, dass das Leben in den Siedlungen ebenso gefährlich sei und machten sich daran, den dreckigen Weg, der aus der Siedlung führt, loszumarschieren; sie sangen Yonk’ indawo umzabalazo uyasivumela (Überall ist der Kampf willkommen). Auf den Fronttransparenten stand „Univerisität von Abahlali baseMjondolo“ und „Kein Land, Kein Wohnraum, Keine Stimme“. Als sie auf die geteerte Straße kamen, die den Anfang der bürgerlichen Welt markiert, wurden sie angegriffen, mit Pistolen und Gummigeschosen beschossen und schwer geschlagen. Es gab eine Anzahl von ernsthaft Verletzten, viele davon mit Dauerfolgen, und 45 Verhaftungen. Aber die Polizeigewalt konnte die Entschlossenheit der DemonstrantInnen nicht brechen. Die Protestierenden, angeführt von Fikile Nkosi, einer jungen HeimarbeiterIn, hielten mit Barrikaden aus Steinen die Polizei erfolgreich davon ab, in die Siedlung einzudringen. Während die Siedlung unter Belagerung stand, wurde das Bild des Bürgermeisters verbrannt. Obwohl die Stadt, mit all ihren Obsessionen, eine „Weltstadt“ zu sein, entsetzt war, als dieses Detail es in die New York Times schaffte, blieb die illegale Untersagung politischer Aktivitäten außerhalb der Siedlung aufrecht. Sie gingen sogar so weit, die Polizei einzusetzen, um Abahlali gewaltsam daran zu hindern, der Einladung einer Fernsehstation, eineN VertreterIn zu einer talk-show zu schicken, Folge zu leisten.

Am 27. Februar wurde ein weiterer Versuch unternommen, in die Stadt zu marschieren. Wieder waren alle notwendigen Schritte unternommen worden, um eine legale Demonstration in die Stadt zu ermöglichen. Aber diesmal war die Bewegung so weit angewachsen, dass 20.000 Leute erwartet wurden. Sutcliffe gab eine weitere illegale Untersagung heraus, und früh am Morgen des 27. bewegte sich die Polizei in einer militärisch aufgezogenen Operation, bei der sie Panzerfahrzeuge und Hubschrauber einsetzte, auf die drei größten Siedlungen zu Sie verhafteten und verletzten die Schlüsselpersonen und blockierten alle Ausgänge aus den Siedlungen. Aber diesmal hatte Abahlali die Verbindungen geknüpft, um Sutcliffe vor Gericht zu bringen. Sie gewannen rasch und mit der Untersagung14 in ihren Händen marschierten sie triumphal in die Stadt. Sutcliffe versah sein erbostes Pressestatement mit Wörtern wie „kriminell“ und „Anarchie“.

Als er erkannte, dass er Abahlali mit direkter Kooptierung15 oder Repression nicht einfach brechen konnte, kam der Staat mit einem neuen Plan daher. Die aktuelle Linie ist, wenn Abahlali mit der Regierung zu tun haben möchte, dann müssen sie „professionell“ und „ernsthaft“ sein und der transnationalen NGO Shack Dwellers’ International beitreten, die sie wie viele Regierungen dazu einsetzt, allgemeine Zustimmung zu ihrer Politik anzuregen. Interessanterweise verlangt ein großer Teil der verbliebenen Mittelklasse ebenfalls eine Unterwerfung einer gegenwärtig existierenden Massenbewegung unter ein Scheinbild von Volksmacht. Mnikelo Ndabankulu nannte diese Leute als erster „die Konferenzspezialisten“, die, darauf besteht er, „für uns sprechen wollen, aber nicht dahin kommen wollen, wo die Menschen ums Leben kämpfen müssen, nicht mit uns leben, nicht einmal mit uns sprechen wollen“. Eine Zeitlang sah es so aus, als würde die Existenz einer militanten Massenbewegung der Armen es schaffen, einige Orte und Netzwerke, durch die die Mittelklasse uns Geld zukommen lässst, um ihre verschiedenen Formen von Avantgarde zu üben, zu demokratisieren und zu de-rassistifizieren. Aber inzwischen ist klar geworden, dass diese Orte nicht reformierbar sind. In vielen Fällen war die Antwort auf die Eruption einer selbstbewußten Massenbewegung der Armen in diese Räume mehr paranoid als feierlich. Es gab erstaunlich autoritäre Antworten. Von Abahlali wurde regelmäßig erwartet, sich passiv an Treffen zu beteiligen und damit gleichzeitig diese zu legitimieren, bei denen in einer Sprache gesprochen wurde, die die meisten nicht verstanden, und Themen behandelt wurden, bei deren Auswahl sie keinerlei Einfluss hatten. Die Mittelklasseleute in der Bewegung wurden üblicherweise als hinter der Bewegung stehend begriffen. Nachdem sie eine ausreichende Redlichkeit gegenüber den Grundlagen der Bewegung gezeigt hatten, wie „sprecht mit uns, nicht für uns“, „sprecht in einer Sprache, die jedeR versteht“ oder „nicht einzelne werden im Treffen entscheiden“, haben sie immer wieder auf institutioneller Disziplin bestanden, mit Beschimpfungskampagnen und sogar Gewaltandrohungen gearbeitet.

Durch ihren andauernden Prozeß der Befragung entwickelt Abahlali eine Lehre des Wissens vom Exil, einen kollektiven Prozeß, die Härte der anhaltenden Konfrontation mit der Wahrheit auf sich zu nehmen. Es ist eine Lehre, die eine öffentliche De-Legitimation der Behauptungen des Staates, dass „Lieferungen“ eine Entwicklung für die Armen bringen werden, indem diese aus der Stadt entfernt werden und der Staat dazu dient, die Reichen reicher zu machen, ermöglicht. Sie ermöglicht auch die Entwicklung des direkten Antagonismus gegen lokale und mikro-lokale Eliten, die beim Nachschub von „Lieferungen“ mitarbeiten, um ihre eigenen Interessen zu befriedigen. Und sie ermöglicht es, verschiedene lokale und transnationale Linke16, die davon ausgehen, dass die Armen eine denkunfähige Masse sind, die Direktiven von oben benötigen, herauszufordern oder loszuwerden. Die De-Legitimation von technokratischen und Parteiautoritäten, und die Legitimation einer offenen Opposition, die als wachsende Flüsse von Gedanken in materieller Bewegung ausgedrückt wird, macht das möglich, wie es in den Kämpfen früherer Generationen möglich wurde, den Molochen konstitutioneller Macht und schließlich seiner ungenügend sichtbaren Lenker Widerstand zu leisten, mit andauernden und vielfachen Aufständen der sich konstituierenden Volksmacht. Abahlali hat die Regierung der Siedlungen demokratisiert, Räumungen gestoppt, eine Zugeständnisse bezüglich Dienstleistungen gewonnen, Kinderkrippen errichtet, Gemüsegärten und alle Arten von kooperativen Projekten eingerichtet und die kollektive Verhandlung mit dem Staat und dem Kapital ermöglicht. Wie der Staat, mit seiner Unterordnung unter das Kapital, die sich hinter einem zunehmenden ängstlichen Nationalismus versteckt, seine eigenen Erkenntnistheorien und Entwicklungstechnologien umgestaltet, wird sich erst zeigen. Aber bisher hat Abahlali genug Innovation produziert, um dem Staat voraus zu sein und die demokratische Praxis, mit der ihr Kampf begann, und mit dem es sich von dem, das es bekämpft, unterscheidet, aufrecht zu erhalten.

Fussnoten:

1) African National Congress ANC KwaZulu-Natal Victory Statement, Durban 1999

2) Fred Kockott, ‘Shack Dwellers’ Fury Erupts’ Sunday Tribune, 29 March 2005

3) Cited in Peter Hallward, Badiou a Subject to Truth, University of Minnesota Press, Minnesota, 2003, p.77.

4) Peter Hallward, ‘Badiou’s Politics: Equality and Justice’, Culture Machine 26/06/2006 http://culturemachinetees.ac.uk/Cmach/Backissues/joo4/Articles/Hallward.htm

5) Alain Badiou, Metapolitics, Verso, London, 2005, p. 48.

6) Alain Badiou, Metapolitics, Verso, London, 2005, p. 48.

7) Pierre Hadot, Philosophy as a Way of Life, p.275.

8) Frantz Fanon Black Skin, White Masks Grove Press, New York, 1967, p. 40.

9) Alain Badiou, Metapolitics, p. 73.

10) … derjenigen, die neuen Wohnraum erhalten würden, … (AdÜ)

11) Gemeint sind die Planer und Entwickler neuen Wohnraums der Gemeinden

12) Nigel Gibson, Fanon and the Postcolonial Imagination, Polity, Cambridge, 2003, p.151.

13) No Land, No House, No Vote

14) … der Untersagung (AdÜ)

15) d.h. Korrumpierung (AdÜ)

16) … Ansätze (leftisms)