Was Wahlen ändern

http://akkrise.wordpress.com/2011/06/07/was-wahlen-andern/

Was Wahlen ändern

Alle fünf Jahre finden in Südafrika Lokalwahlen statt. Heuer fiel der Wahltag auf den 18. Mai, und Vizepräsident Kgalema Motlanthe erklärte diesen Tag daraufhin umgehend zu einem Feiertag, um zu einer möglichst hohen Wahlbeteiligung zu kommen.

Rund um die heurigen Wahlen kam es wieder zu Auseinandersetzungen zwischen LandbesetzerInnen und BewohnerInnen informeller Siedlungen auf der einen sowie den Repressionskräften auf der anderen Seite. Am Sonntag vor den Wahlen eskalierte die Situation in Tafelsig, einem Teil der township Mitchell’s Plain.

Mitchell’s Plain

Mitchell’s Plain ist ein vor allem von Farbigen 3 bewohntes township ca. 20 km außerhalb von Kapstadt. Es ist eines der größten townships von Südafrika, jedenfalls das größte in Kapstadt und liegt an der False Bay zwischen Strandfontein und Khayelitsha 4. Von der Apartheid-Regierung als ein „Vorzeigetownship“ geplant, wurde es in den 70er Jahren errichtet, um farbigen Opfern von Zwangsräumungen aufgrund der Einführung des Group Areas Act 5 Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Obwohl Mitchell’s Plain offiziell kein „farbiges township“ mehr ist, leben dort immer noch vorwiegend farbige AfrikanerInnen.

Insgesamt leben hier zwischen 1,2 und 1,9 Millionen Menschen (die Stadtverwaltung schätzt ihre Zahl auf 1,8 Millionen), und das township verfügt über eine Anzahl von Unter-Sektionen, die die unterschiedliche Klassenzugehörigkeit der Bevölkerung widerspiegeln. Grob gesagt ist die westliche Hälfte der Mega-township (Westridge, Rocklands, Portland) wohlhabender als die östliche (Tafelsig, Beacon Valley, Eastridge, Lentegeur).

Die aktivsten sozialen Bewegungen in Mitchell’s Plain sind die Western Cape Anti-Eviction Campaign (AEC) 6, die Treatment Action Campaign 7, die Mitchell’s Plain Concerned Hawkers and Traders Association sowie die Mitchell’s Plain Backyarders’ Association (MPBA 8).

Ihnen steht zu allererst die sogenannte Anti-Land Invasion Unit (ALIU) gegenüber, die sich selbst vorstellt:
Anti-Landbesetzungseinheit der Stadt soll Landbesetzungen verhindern 9

Die Stadtverwaltung von Kapstadt hat eine Anti-Land Invasion Unit aufgebaut, um zu verhindern, dass Menschen illegal Land besetzen, das gewidmet wurde, Häuser für diejenigen, die auf der Warteliste der Stadt für Wohnungssuchende stehen, aufzunehmen.

„Aus Fairness gegenüber der Mehrheit der Menschen, die auf der Warteliste stehen und sich an das Gesetz halten, verfolgt die Stadt eine Null-Toleranz-Politik gegenüber der Minderheit, die versucht, gemeindeeigenes Land zu besetzen“, sagt Mzwandile Sokupa, der Verantwortliche der Stadt für informelle Siedlungen.

„Man kann nicht die Warteschlange umgehen, indem man Land besetzt. Die Warteliste der Stadt kann nicht so einfach auf’s Spiel gesetzt werden. Wer Land besetzt, rutscht auf der Liste ganz nach hinten. Und die meisten Gebiete in der Nähe von informellen Siedlungen wurden bereits für Wohnprojekte reserviert“, sagt Sokupa.

Die ALIU wird illegale Besetzungen von gemeinde- und provinzeigenem sowie von Land für Wohnprojekte für Menschen auf den Wartelisten, auf denen rund 400.000 (das sind 44% der Haushalte von Kapstadt) Wartende stehen, verhindern.

Gegenwärtig gibt es in Kapstadt 223 informelle Siedlungen mit 150.000 in der gemeindeeigenen Datenbank über informelle Siedlungen registrierten Familien.

„Die Stadt verfolgt zur Zeit ein Programm, um informelle Siedlungen, wo das möglich ist, mit den grundlegenden Dienstleistungen wie Wasser, Sanitäranlagen, Zufahrtsstraßen und Strom zu versorgen. Gleichzeitig verwandelt die Stadt schrittweise informelle Siedlungen in formelle townships“, sagt Sokupa.

Die Hauptarbeit der ALIU wird die Überwachung und Kontrolle freien Landes, die Durchsetzung des Gesetzes in Bezug auf illegale Besetzungen und illegale Barackenbauten sowie der Schutz von BeamtInnen der Wohnungsabteilung bei Räumungen, Umsiedlungen und Zerstörungen illegaler Strukturen sein. Weiters wird sie die Planungsabteilungen und die Katastrophenhilfe bei Überschwemmungen und Bränden auf gemeindeeigenem Land unterstützen.

Die Einheit wird von Stephen Hayward von der Wohnungsdirektion und Joseph Ross von der Strafverfolgungsbehörde geleitet. Derzeit wird weiteres Personal angeheuert und nach Vollausbau wird die ALIU über 97 Mitglieder verfügen – 57 von der Wohnungsdirektion und 40 von der stadteigenen Specialised Services Unit der Sicherheitsdirektion. Wenn sie voll ausgerüstet ist, wird sie einen rund-um-die-Uhr-Dienst bieten und die acht Planungsdistrikte in der Metropole abdecken.

„Am Wichtigsten ist, dass die Stadt die Buchstaben des Gesetzes bezüglich Unterlassungs- und Räumungsbescheide einhalten wird. Das Gesetz ist in dieser Hinsicht sehr klar formuliert und wir werden weiterhin strikt die Gesetze zur Verhinderung Illegaler Räumungen und gegen Gesetzwidrige Landbesetzungen einhalten, und uns selbstverständlich an die Vorgaben der Verfassung halten“, sagt Hayward. 10

„Im letzten Jahr hat die Stadt 29 Landbesetzungen festgestellt – 17 in Helderberg, sechs in Tygerberg, zwei in der Südlich/Zentralen Region und vier in Blaauwberg. In jedem dieser Fälle hat die Stadt erfolgreich die LandbesetzerInnen vom gemeindeeigenen Land entfernt. Weiters hat sie acht Gerichtsbeschlüsse erwirkt, um Menschen von weiteren Landbesetzungen abzuhalten. Viele communities in der Stadt haben genug von den anhaltenden Landbesetzungen und illegalen Strukturen, die über Nacht vor ihren Haustüren entstehen“, sagt Hayward. Ist ein Gebiet erst besetzt, wird nicht nur die normale Bautätigkeit verunmöglicht, das gegenwärtige Räumungsgesetz erschwert auch die Umkehrung der Situation. 11

Um die Anstrengungen der ALIU zu unterstützen und Landbesetzungen zu verhindern, ehe sie beginnen, arbeitet die Stadt auch mit FührerInnen in den communities zusammen und hat ihr call center modernisiert. Landbesetzungen können anonym über die gratis-Hotline der ALIU gemeldet werden, Telefonnummer 0800 225 669.

Nun zur Eskalation in Tafelsig:
Cape Argus 12: Ziegelsteine, Kugeln bei Landbesetzung

Ein offenes Feld in Tafelsig verwandelte sich gestern in eine Kriegszone, als eine Gruppe von LandbesetzerInnen die Polizei und städtische Beamte mit Steinen und Flaschen angriff. Die Beamten übten Vergeltung, indem sie mit Gummigeschossen antworteten und die BesetzerInnen mit einem Wasserwerfer angriffen, um sie unter Kontrolle zu bringen.

Die Gruppe, die sich selbst Mitchell’s Plain Backyarders’ Association nennt, übersiedelte am Samstag auf den Sportplatz Swartklip. Sie errichtete auf dem Feld behelfsmäßige Baracken und stellte Zelte auf und sagte, es gehöre ihnen.

Gestern zerstörten Mitglieder der städtischen Anti-Land Invasion Unit 338 Baracken und 100 Zelte, ehe sie zum Rückzug gezwungen wurden. Als Retourkutsche fuhren die LandbesetzerInnen damit fort, ihre Strukturen wieder aufzubauen, die wieder von einer Phalanx von PolizistInnen, die von einem Wasserwerfer unterstützt wurden, und Metro-PolizistInnen in Aufstandsbekämpfungsrüstungen niedergerissen wurden.

Die BewohnerInnen behaupteten, sie wären mit Pfefferspray angegriffen worden, und bestanden darauf, dass die Polizei „scharfe Munition” eingesetzt habe, eine Behauptung, die die Stadt energisch zurückwies. Die Sprecherin der Stadtverwaltung, Kylie Hatton, sagte, es seien mehrmals Gummigeschosse abgefeuert worden, aber die Beamten hätten „definitiv keine“ scharfe Munition eingesetzt. Sie sagte, die Repressionskräfte und die Beamten der Metropolizei seien angegriffen worden. Heute sagte die Polizei, dass bei den gestrigen Zusammenstössen 14 Leute verhaftet worden seien.

Gestern zeigten BewohnerInnen Cape Argus Verletzungen, zu denen sie sagten, sie hätten sie bei den Auseinandersetzungen davongetragen. Einige sagten, sie seien mit Flaschen und Steinen beworfen, und andere, sie seien von Gummigeschossen getroffen worden. Der Wasserwerfer setzte gegen die LandbesetzerInnen gefärbtes Wasser ein, um sie für spätere Identifizierungen zu markieren.

Heute Morgen waren einige der BesetzerInnen, von denen viele gestern Nacht in Zelten auf dem Feld übernachtet hatten, damit beschäftigt, langsam ihre Strukturen wieder aufzubauen. Auf dem Platz gab es Feuerstellen zum Kochen, und die Leute begannen ihren Tag damit, in kleinen Tiegeln Kaffee zu kochen. Einige sagten, die nächsten Schritte seien noch unklar, andere meinten, sie würden versuchen, die Polizei auf Abstand zu halten, ohne Gewalt anzuwenden. Hatton sagte, die Gegend sei heute morgen ruhig.

An diesem Wochenende drang eine andere Gruppe auf ein Areal im nahe gelegenen Kapteinsklip ein, und städtische Repressionskräfte waren rasch zur Stelle, um 75 Baracken abzureißen, sagte Hatton. Das Baumaterial wurde aus der Gegend entfernt.

Das Areal in Tafelsig gehört der Stadt. „Die BewohnerInnen haben versucht, illegal das Land zu besetzen, und wir als Landeigentümer haben das Recht, illegale Besetzungen zu verhindern“, sagte Hatton.

Als an diesem Wochenende die Besetzung begann, zäunten Mitglieder der MPBA „Grundstücke“ auf dem Tafelsig-Feld mit Seilen und Pfählen ein. Weiters gaben sie an die Leute erf-Nummern 13 aus und sagten, diese seien ihnen von der Gemeindeverwaltung gegeben worden. Aber Hatton sagte, die erf-Nummern wären „sicher nicht von der Gemeinde abgesegnet worden”. „Wir fanden heraus, dass die Leute selbst die Gegend abgesteckt und nummeriert haben“, sagte sie. Gestern eskalierte die Situation, als Teams der Anti-Land Invasion Unit einmarschierten, um auf den markierten „Grundstücken” die Baracken nieder zu reißen.

Ein Mann, Nasief Abrahams, fluchte, als er sah, wie sein Zelt niedergerissen wurde, und schrie: „Sie tun nichts für uns, aber unsere Stimme 14 wollen sie!“ Abrahams sagte, er, seine Frau und ihre zwei Kinder hätten sieben Jahre lang im Hinterhof eines Freundes gelebt. „Alles, was wir wollten, war, dass die Regierung uns ein Stück Land anbietet, mit Stromanschluss und Wasser … sie haben genug Budgetgelder für andere Projekte. Warum können sie nicht in ein Projekt investieren, das uns dazu verhilft, Land zu erhalten?“ sagte er. Er sagte, er hätte die gesamte Samstagnacht in seinem Zelt auf dem Feld verbracht und er würde nicht zur Arbeit gehen, weil er für eine gerechte Sache kämpfe. „Ich werde weiter kämpfen, bis ich das habe, was ich will … wir werden (heute) hierher zurückkommen, bis wir unser Land haben“, sagte er.

Terence Hosking, Sprecher der MPBA, sagte, dass er „bis zum Tag, da ich sterbe“, auf dem Land bleiben werde. Er sagte, es sei ungerecht, dass die backyarder in Tafelsig zwischen 500 und 1.500 Rand 15 bezahlen müssen, um in Hinterhöfen wohnen zu können. „Wir haben mit ihnen (der Stadt) verhandelt, und jetzt sagen wir: genug ist genug.“
HinterhofbewohnerInnen boykottieren die Wahlen 16

Während Millionen Menschen in der Stadt sich am Mittwoch zu den Wahlurnen aufmachten, boykottierten HinterhofbewohnerInnen die Wahlen und sahen sich den vierten Tag in Folge schwer bewaffneten Polizeikräften gegenüber. Die Spannungen kochten angesichts von BewohnerInnen, die sagen, sie hätten genug davon, in den Hinterhöfen anderer Leute wohnen zu müssen und Häuser auf dem Land, das seit Jahrzehnten brach liegt, errichten wollen.

Seit Sonntag lieferten sich HinterhofbewohnerInnen und die Polizei gewalttätige Auseinandersetzungen, nachdem backyarder am Samstag das Feld in Tafelsig, Mitchell’s Plain, besetzt hatten. Das Feld, das die backyarder „Neue Horizonte“ tauften, war von Bauschutt übersät, nachdem die ALIU die illegalen Strukturen zerstört hatte.

Am Morgen begaben sich einige BewohnerInnen zum Außenbereich des Feldes, um die backyarder zu unterstützen. Einige BewohnerInnen beobachteten sogenannte „Heckenschützen“ am Gipfel eines Hügels, von dem aus das Feld zu überblicken ist. Sie begannen zu flüstern: „Dort ist Polizei, jetzt beginnen sie wieder auf uns zu schießen.“

Auf der anderen Seite des Feldes zogen dutzende gepanzerte Polizeifahrzeuge auf, beschränkten sich aber darauf, die backyarder aus der Distanz zu beobachten. Zu dieser Zeit wuchs die Menge auf etwa 500 an. Eine kleine Gruppe backyarder setzte einen Reifen in Brand, worauf fünf gepanzerte Fahrzeuge und rund 200 PolizistInnen und Metro-PolizistInnen begannen, sich ihnen zu nähern.

Die BewohnerInnen verließen das Feld, um Gewalt zu vermeiden, und die backyarder zogen sich zurück, später kamen sie aber zurück und standen wiederum Auge in Auge der Polizei gegenüber. Die BeamtInnen begannen dann unter dem Applaus und unter Abschiedsgrüßen der backyarder mit einem langsamen Rückzug. Die Stimmung entspannte sich merklich und die meisten Leute zerstreuten sich.

Shireen Samuels, Bewohnerin von Tafelsig, die die backyarder unterstützt, sagte: „Dieses Land stand jahrelang offen, die Leute wollen einfach einen Ort, an dem sie Häuser bauen können. Auf diesem Feld verüben Gangster Verbrechen bis hin zu Morden. Wenn nun Leute kommen, die Häuser bauen wollen, dann verhält sich die Polizei wie eben, aber wenn es zu Morden kommt, sieht man niemand von ihnen so vorgehen.“

Terence Hosking, ein Sprecher der community, verfluchte die PolitikerInnen und sagte, die Leute würden nicht zur Wahl gehen. „Unsere Stimme kriegen die nicht. Solange wir kein Dokument erhalten, das uns Land zuspricht, werden wir nicht wählen gehen. Gebt uns erst Land“, sagte er.
BesetzerInnen verlassen Tafelsig 17

Der Sheriff von Kapstadt hat den LandbesetzerInnen in Tafelsig unmissverständlich erklärt, dass ihre Besetzung eines Sportplatzes illegal ist – in drei Amtssprachen 18. Gestern gegen 2 Uhr verlas und erklärte er den Gerichtsbeschluss, den die Stadtverwaltung am Dienstag erwirkt hatte. Die BesetzerInnen haben daraufhin den Sportplatz verlassen und laut Polizeiangaben verlief die Nacht ruhig.

Gestern wurde eine Kopie des Gerichtsbeschlusses auf einem Pfosten angebracht, gehämmert in den Sportplatz Swartklip und in Kapteinsklip, wo während der vergangenen Woche tausende BewohnerInnen von Tafelsig versucht hatten, Baracken zu errichten.

Am Sonntag eskalierten die Auseinandersetzungen, als die Stadtverwaltung versuchte, die illegalen BesetzerInnen zu vertreiben. Am Dienstag erwirkte die Stadtverwaltung einen Beschluss des Gerichts von Westkap 19, um weitere BewohnerInnen davon abzuhalten, Land zu besetzen. Die Stadtverwaltung beantragte weiters einen Räumungsbeschluss für fünf existierende Strukturen. Die BesetzerInnen dieser fünf Strukturen haben bis 1. Juni Zeit zu gehen.

Gestern Nacht beschuldigte Shahied Keet, stellvertretender Vorsitzender der MPBA, die die Gruppe am Sonntag angeführt hatten, die Stadt, sich nicht an die vorgesehenen Prozeduren zu halten. „Als sie am Dienstag hier ankamen, haben sie keine Untersagung verlesen, wie es vorgesehen ist. Sie haben uns niemals gesagt, wir hätten Bedenkzeit und dass die Leute erst bis 1. Juni das Feld räumen müssen.“

Er sagte, sie hätten Unterstützung in Form von Rechtsberatung durch eine lokale community-Organisation erhalten. Keet sagte, die Leute seien immer noch erschüttert wegen der gewalttätigen Auseinandersetzungen der letzten Tage, und diese ihre Gefühle drückten sie auch gegenüber den Medien aus. „(Der Vorfall) betrifft ganz Mitchell’s Plain – die BewohnerInnen hier, die HinterhofbewohnerInnen, ganz Mitchell’s Plain ist dadurch traumatisiert” fügte er hinzu.

Ungeachtet der Wahlen hofften die backyarder immer noch, dass die Stadt sich in dieser Angelegenheit mit ihnen verständigen werde. „Wir hoffen immer noch, dass die Verantwortlichen herkommen und mit uns darüber sprechen“, sagte Keet.

Die Auseinandersetzungen bei Swartklip Road, das die backyarder in Neue Horizonte umbenannt haben, haben in den letzten zwei Tagen nachgelassen, nachdem sich die Gegend in einen Kriegsschauplatz verwandelt hatte, als die Polizei gemeinsam mit VertreterInnen der Stadt einmarschierte, um am letzten Wochenende illegale Strukturen zu entfernen.

Die backyarder hatten daraufhin mit Stein- und Flaschenwürfen gegen die Behörden geantwortet, und die Metro Police schoss mit Gummigeschossen und einem Wasserwerfer zurück, um die Massen zu zerstreuen. Seither gab es mehrmals Auseinandersetzungen zwischen Polizei und backyarder, als Mitglieder der Anti-Land Invasion Unit deren Unterstände zerstörten.

Die Pläne zur Besetzung des Areals begannen vor mehreren Wochen, als Mitglieder der MPBA bei einem Treffen des Stadtrates auftauchten und Wohnraum in Mitchell’s Plain forderten. Nachdem die Führung der MPBA bei dem Treffen Unterstützung zusagte, beschlossen Mitglieder der Vereinigung, dass sie auf eine Besetzung vorbereitet seien.

Die Gemeinde Kapstadt agiert (wie auch andere Verwaltungen) gesetzwidrig:
AnwältInnen: Die ALIU Kapstadt agiert illegal 20

Die ALIU der Gemeindeverwaltung von Kapstadt, die eingerichtet wurde, um illegale Besetzungen gemeinde- und provinzeigenen Landes zu verhindern, agiert gesetzwidrig, erklären Mitglieder von AnwältInnen für Menschenrechte (LHR 21).

Der LHR-Anwalt Sheldon Magardie sagte, die ALIU habe Strukturen ohne Gerichtsbeschluss zerstört und er plane, das Obergericht von Westkap anzurufen, um einen Beschluss zu erwirken, der die Stadt von dieser Vorgangsweise abhalten soll.

„Unserer Ansicht nach agiert die Stadt gesetzwidrig, denn wenn jemand Eigentum besetzt, egal ob es sich dabei um eine illegale Besetzung handelt oder nicht, benötigt es immer noch einen Gerichtsauftrag oder einen Justizbauftrag wie eine Verordnung, um dagegen vorzugehen. Und wenn es eine Verordnung gibt, die die Zerstörung von Eigentum ohne ein vorangegangenes faires Verfahren erlaubt, so ist diese Verordnung verfassungswidrig“, sagte Magardie.

Er sagte, die LHR haben der Stadt einen Brief geschrieben, in der sie anfragten, auf welches Gesetz die Stadt sich bei der Zerstörung von Strukturen ohne Gerichtsbeschluss berufe, aber keine Antwort erhalten.

Sporadische Zusammenstösse zwischen backyardern und der Polizei dauerten bis Montag Abend an, als die backyarder weiterhin versuchten, Strukturen aufzubauen. Achtzehn Menschen waren wegen Verdacht auf öffentliche Gewalt verhaftet worden.

Der Vorsitzende der Mitchell’s Plain Backyarders, Shaheed Keet, sagte, die BewohnerInnen wären friedlich gekommen, um das Land zu besetzen, weil die Menschen es leid seien, auf Häuser zu warten. „Wir haben der Stadt nicht den Krieg erklärt. Alles was wir brauchen ist Wohnraum. Die Leute stehen seit über 30 Jahren auf der Warteliste“, sagte er und behauptete, die Polizei habe angegriffen, ohne provoziert worden zu sein.

„Wir sind ohne Vorwarnung von ihnen angegriffen worden. Sie haben nicht einmal mit unserem Komitee gesprochen.“ Er sagte, sie versuchten herauszufinden, wie viele Menschen verletzt worden seien.

Obwohl erst am Dienstag eine Anordnung zur Verhinderung des Aufbaus von Strukturen und der Besetzung von Land vom Obergericht erwirkt worden war – gegen die die backyarder Einspruch erheben wollen – sagte Kylie Hatton, Pressesprecherin der Verwaltung von Kapstadt, dass die ULIA aufgrund des PIE-Gesetzes 22 agiere.

„Nach dem PIE-Gesetz darf die Stadt lediglich Strukturen, die nicht besetzt sind, abreißen, sobald eine Struktur legitim besetzt ist, muss die Gemeinde oder der Landbesitzer vom Gericht einen Räumungsbeschluss erwirken“, sagte sie. Jedenfalls ist das laut Magardie die Interpretation des Gesetzes durch die Stadtverwaltung.

„Selbst wenn eine Struktur nicht besetzt ist, kann niemand, dem eine Struktur gehört, egal ob sie zum Wohnen oder zum Lagern verwendet wird, jemand anders ohne Berechtigung enteignen“, sagte er.

Die ULIA, die 2008 eingerichtet wurde, zerstört nach Angaben der Stadt monatlich an die 300 illegal errichtete informelle Wohnstrukturen. In der Datenbank der Stadt finden sich 340.000 BewerberInnen um Wohnraum, jährlich ziehen rund 40.000 MigrantInnen nach Kapstadt. Eine Besichtigung von Tafelsig am Donnerstag zeigte ein Feld, übersät mit Steinen, Gewand, hölzernen Pfosten und Asche. Die backyarder fahren mit ihren Protesten fort, indem sie auf dem offenen Feld schlafen.

Peter Bantam, seine Frau, sein Schwager und einige FreundInnen verammeln sich um ein kleines Feuer, um sich daran zu wärmen. „Sie haben alles mitgenommen, unsere Decken, Töpfe und Pfannen. Von uns ist keinerlei Gewalt ausgegangen. Wir haben die Kugeln abbekommen“, sagte er.

Während Hatton sagte, die Stadt anerkenne „die Notwendigkeit von Wohnraum, könne aber nicht zulassen, dass Menschen illegal leerstehendes Land besetzen oder informelle Strukturen aufbauen“, wurden auch Baracken von BewohnerInnen, die in anerkannten informellen Siedlungen leben, die seit Jahren bestehen, von der ULIA zerstört, nachdem die BewohnerInnen begonnen hatten, ihre Häuser zu renovieren.

Eine aufgemaltes X auf einer Baracke ist oft eine Warnung der Gemeinde, dass die Struktur illegal sei. Im Februar gab die Bewohnerin von Khayelitsha, Nokwandisa Shukuma, 3.000 Rand aus, um das alte, verrostete Blechdach ihres Hauses zu ersetzen. Eines Nachmittags kam sie heim und fand ein gelbes X auf ihrem Haus. Am nächsten Tag riss die ULIA ihr Haus nieder.

Der Mangel an Kommunikation zwischen der Stadt und den BewohnerInnen wurde als eines der größten Probleme bezeichnet. Ein Gemeindearbeiter in den informellen Siedlungen, Vuyani Mnyango, sagte, die Stadt verabsäume es, die FührerInnen der communities über neue Gemeindegesetze zu informieren, und antworte nicht auf Anträge auf Renovierung von informellen Strukturen.

Die Sekretärin des Komitees der BewohnerInnen von Khayelitsha (Sektion RR), Mandisa Selani, sagte, seit Jänner diesen Jahres wurden 70 Baracken in der Sektion RR zerstört. Sie sagte, im Jänner sei eine Kinderkrippe in dieser Gegend, die erneuert worden war, ohne Warnung zerstört worden. Weiters berichtete sie, der Besitzer habe davor eine mündliche Zusage eines Gemeindebediensteten erhalten, die geplanten Renovierungen durchzuführen.

Nicht nur in Tafelsig, im ganzen Land nehmen die Angriffe auf informelle Siedlungen unmittelbar nach den Wahlen zu:
Räumungen und Einschüchterungen in vielen informellen Siedlungen gehen nach den Lokalwahlen weiter 23

Am Wahltag, dem 19. Mai 2011, kam die gemeindeeigene Land Invasion Unit (ALIU) der Gemeindeverwaltung von eThekwini 24 in unsere Siedlungen. Herr Mdletshe von der ALIU kam mit seinem Team, um Baracken in Arnett Drive, Reservoir Hill zu zerstören. Im Gespräch mit den BewohnerInnen verhielt Mdletshe sich sehr ruppig und gewalttätig gegenüber Abahlali. Er zeigte auf Sam Jaca und drohte ihm, indem er meinte, er sei derjenige, der ihn vor Gericht gezerrt habe. Dann zerstörten die Leute von Mdletshes Team zwei Baracken und machte damit die Familien obdachlos. Sie hatten keinen Gerichtsbeschluss und agierten somit ohne Respekt vor dem Gesetz, dem Gericht, der community und den obdachlos gemachten Familien.

Das ist nicht das erste Mal, dass Mdletshe in den letzten Wochen unsere Mitglieder bedroht hat. Am 1. Mai 2011 kam in eMmaus in Pinetown ein Mann um. Am 4., 12., 13. und 16. Mai kam Mdletshe zur Besetzung in eMmaus und bedrohte die BewohnerInnen. Als ihm widersprochen wurde, sagte er, mit BarackenbewohnerInnen spreche er nicht. Am Dienstag, 17.5.2011, kam das Team von Mdletshe zu unserem neu etablierten Zweig von Abahlali in Intake View und drohte den BewohnerInnen mit Räumung.

Unser Zweigstelle Richmond Farm nahe KwaMashu wurde am Donnerstag, 19.6.2011 heimgesucht und Baracken wurden ohne Gerichtsbeschluss zerstört. Nicht nur unsere Mitglieder werden angegriffen. Am 20.5.2011, zwei Tage nach den Wahlen, wurden rund 30 Baracken in Mayville, Cato Manor, zerstört und viele Menschen obdachlos gemacht. Wie üblich gab es keinen Gerichtsbeschluss und die Räumungen waren illegal und ein krimineller Akt. Eine Familie hatte seit 1986 in ihrer Baracke gewohnt.

Uns wird erzählt, wir müssten wählen, um ein besseres Leben zu bekommen. Uns wird erzählt, dass Wahlen der einzig legitime Weg sind, uns zu beschweren. Uns wird erzählt, dass Wahlen der Weg sind, auf dem unsere Stimmen zählen. Aber am Tag nach den Wahlen werden wir gewaltsam und gesetzwidrig von der Regierung angegriffen. Sowohl die DA als auch der ANC behandeln die Armen mit dem gleichen Mangel an Respekt und dem gleichen Mangel an Legitimität. Wir haben Unterstützungserklärungen an die geräumten BesetzerInnen in Tafelsig/Kapstadt geschickt. Unter DA- und ANC-Regierungen gibt es keine Konsultationen der Armen. Es gibt lediglich Gewalt, Einschüchterung, Zerstörung und Missachtung. Wieso müssen wir Parteien wählen, die vereint sind in ihrer Bereitschaft, einen illegalen Krieg gegen die Armen zu führen? Wie wir bereits früher gesagt haben, gibt es für die Armen in Südafrika keine Demokratie. Die Regierung denkt, sie stehe über dem Gesetz, und wir stünden unter dem Gesetz. Unsere Stimmen und unsere Menschlichkeit zählen gar nicht. Deshalb rebellieren die Menschen im ganzen Land.

In der Siedlung Kennedy Road halten die Einschüchterungen an. Es gibt ein 350 Millionen-Rand-Projekt für Straßenbau, das bereits begonnen wurde, und wie üblich wird die Entwicklung offen für parteipolitische Zwecke missbraucht. Wie üblich wurde den lokalen ANC-Mitgliedern die Kontrolle über das Projekt übergeben, und wie üblich verlangen sie ANC-Mitgliedschaften, wenn community-Mitglieder in diesen Projekten Arbeit erhalten wollen. Auch die Vertragspartner im Projekt wurden bedroht, dass ihre Büros mit Brandsätzen angegriffen würden, wenn sie Mitglieder der community ohne Zustimmung des lokalen ANC anstellen. Die Situation ist zur Zeit äußerst unberechenbar.

Abahlali warnt, dass dieser Punkt, dass der lokale ANC die Kontrolle über alle Beschäftigungsmöglichkeiten erlangen möchte, genau das ist, was den Angriff auf unsere Bewegung im September 2009 ausmachte. Wir hatten faire Verfahrensweisen bei der Jobvergabe entwickelt. Wir haben sie verlost. Der lokale ANC konnte das nicht akzeptieren. Sie verlangen ANC-Mitgliedsausweise und Teilnahme an Demonstrationen des ANC im Austausch für den Zugang zu Jobs, Lebensmittelpaketen und Häusern. In den Jahren 2009 und 2010 haben sie öffentlich Todesdrohungen gegen unsere Mitglieder ausgestoßen und ihre Häuser zerstört.

Die neue und gewählte Führung in Kennedy Road hat sich an das exilierte KRDC 25 gewandt, um dessen Unterstützung zu erhalten, weil sie sich Angriffen durch die lokalen ParteiführerInnen ausgesetzt sieht. Wir raten dem neu gewählten Gemeinderat, fair und transparent einzuschreiten. Wenn er an Demokratie glaubt, wird er eindeutig und öffentlich erklären, dass der lokale ANC keinerlei Recht hat, seine eigenen Mitglieder bei der Jobvergabe zu bevorzugen, und er wird etwas unternehmen, um sicher zu stellen, dass der Zugang zu Jobs nicht durch die lokalen ParteiführerInnen kontrolliert wird.
Wir gehen hier nicht weg, sagen die BesetzerInnen von Tafelsig 26

Die backyarder von Tafelsig sagen, sie werden das Gebiet, von dem die Gemeinde Kapstadt sie letzte Woche zu räumen versucht hatte, nicht verlassen. „Das Land gehört nicht irgendjemand”, sagte Shahied Keet. Er sagte, er warte auf die Anhörung vor dem Obergericht von Westkap am Mittwoch, bei dem die BewohnerInnen die Räumung und das Verbot der Errichtung von Wohnraum auf diesem Land beeinspruchen würden. Dieses Verbot hatte die Gemeinde Kapstadt erwirkt.

„Wir bleiben, auch wenn das Gericht uns nicht recht gibt”, sagte Keet. Er ist einer von ca. 90 Leuten, die vor Ort geblieben sind. Sie haben keinen festen Unterschlupf gegen den Wind und Regen. 27 „In der Nacht haben wir Zelte aufgestellt, die wir am Morgen wieder abgebaut haben, weil sonst die Repressionskräfte sie an sich reißen“, sagte Keet.

Der Vorsitzende der Vereinigung, Charles Adams, sagte, er und Keet hätten unlängst die Premierministerin von Westkap, Helen Zille, gesprochen, die gefragt habe, wie viele Menschen sich auf diesem Land befänden. Adams sagte, bei einem Treffen mit Mitgliedern der Stadtverwaltung habe es keinen Fortschritt gegeben. „Es gab keine Lösung”, sagte Adams.

Weiters sagte er, dass er mehrfach versucht habe, die StadträtInnen anzurufen, aber keinen Kontakt herstellen habe können. Sheval Arendse, Stadtrat des 82. Bezirks, sagte, das stimmt nicht. „Seit Beginn der Besetzung habe ich ihnen gesagt, dass das illegal ist”, sagte er. Er bereite ein Treffen mit den Parteien vor. Arendse sagte, seit seiner Angelobung hätte die Frage der backyarder „oberste Priorität“.

Inzwischen haben mehrere NGOs ihre Unterstützung angeboten. Es handelt sich dabei um den South African National Zakah Fund (Sanzaf), das Muslim Judicial Council und den Imdaad Trust, die gestern Jacken und Decken übergeben haben.

Sakeena Bock von Sanzaf zeigte auf eines der Zelte und sagte: „Die helfen kaum gegen den Wind.” Sanzaf hat laut Bock seit zwei Wochen täglich rund 200 Liter Lebensmittel und Wasser gebracht. Shafiek Barendse, zuständig für Armenfürsorge in Westkap, sagte, die Katastrophenhilfe der Stadt habe ihm mitgeteilt, dass sie den BewohnerInnen nicht helfen könne, weil sie sich illegal auf diesem Stück Land befänden. „Aber wir mussten etwas unternehmen, denn es handelt sich um einen humanitären Notfall. Wir haben die Politik ignoriert.“

Die Frustration über die Wohnsituation in Mitchell’s Plain hat die Besetzung in Tafelsig durch die backyarder entfacht:

Eingezwängt im Hinterhof

Vier Familien – insgesamt 23 Leute – teilen sich in einem Haus in Tafelsig eine einzige Toilette.

Abdul Gamiet Essop, seine Frau Razaan und ihre Tochter Fatima kehrten zu seiner Schwiegermutter Nadeema Petersen zurück, nachdem ihre Pläne, am Sportplatz Swartklip ein Haus zu bauen, letzte Woche gescheitert waren. Die MPBA hatte ihnen einen Platz versprochen, auf dem sie ein Haus bauen könnten, und so zogen sie hin. Aber nachdem die Verwaltung von Kapstadt vor dem Obergericht eine Verordnung erreicht hatte, nach der ihre Baracke und die ihrer NachbarInnen für illegal erklärt wurde, wurden die Strukturen zerstört und sie mussten zurück kehren.

Essop, der islamischen Studien belegt hat, und seine Familie leben jetzt in einem Puppenhaus Tür an Tür mit zwei weiteren Hütten, die von seiner Frau und ihrer Familie bewohnt werden. Die drei Hinterhoffamilien – insgesamt 14 Menschen – sowie 9 weitere Personen, die im Haupthaus mit zwei Zimmern wohnen, verfügen über eine einzige Toilette. „Es ist wirklich unhygienisch, aber wir haben keine andere Option. Wir haben gehofft, die Übersiedlung nach Swartklip würde die Last von den Schultern meiner Schwiegermutter nehmen, aber schlussendlich hatten wir keine andere Wahl, als zurückzukehren“, sagte Essop.

Wie viele andere behauptete er, dass ihm von der MPBA gesagt worden sei, er solle wegen Wohnraum nach Swartklip gehen, und er hätte sogar eine erf-Nummer erhalten. Essop war schockiert, als die Repressionskräfte der Stadt letzte Woche ankamen und ihm erklärten, dass die Strukturen illegal auf diesem Stück Land errichtet worden seien. Er sagte, dass die Polizei die BesetzerInnen angegriffen habe, die sich bis dahin friedlich verhalten hatten.

Essop wurde im Gesicht, am Hinterkopf und am rechten Oberschenkel von Gummigeschossen getroffen. „Es war unglaublich, wie sie sich verhalten haben. Wir hatten keine Ahnung, dass wir uns illegal dort aufhielten. Sie haben Tränengas eingesetzt und ohne jeden Anlass auf uns geschossen. Uns wurde Hoffnung auf ein besseres Leben gemacht, aber am Ende des Tages wurde alles wieder weggenommen und wir waren wieder da, von wo wir aufgebrochen waren. Aber zumindest hatten wir einen Ort, an den wir zurück konnten“, sagte Essop.

Sulieman Stellenboom, Mitarbeiter beim Mitchells Plain People’s Forum 29, sagte, so wie Essop gehe es tausenden Menschen in Mitchell’s Plain. „Im Endeffekt geht es um das Zurverfügungstellen von Dienstleistungen. Wir haben jahrelang mit der Gemeindeverwaltung verhandelt, und wir haben in der Wohnungsfrage niemals irgendeine ernsthafte Antwort erhalten. Die Leute hier sind niedergeschlagen, und man kann ihnen nicht die Schuld daran geben.“ Stellenboim sagte, sie würden trotz des Mangels an Fortschritten bezüglich der Frage der backyarder weitermachen, denn „es gibt sonst nichts, was wir tun könnten.“

Communities der AEC schließen sich den Mitchell’s Plain Backyarder vor dem Obergericht an 30

Communities der AEC, die von Räumung bedroht sind, und deren Häuser bei den letzten Regenfällen überflutet wurden, schließen sich den backyarder von Tafelsig an, die heute vor das Obergericht von Kapstadt gehen.

Hunderte backyarder, die auf einem offenen Feld in Tafelsig eine neue Siedlung errichtet haben, die sie treffend Neue Horizonte nennen, werden heute vor dem Obergericht erscheinen. Sie werden sich selbst gegen die Räumungspläne der Gemeindeverwaltung von Kapstadt verteidigen, die beschlossen hat, dass die Armen in der gesamten Stadt kein Recht auf Besitztitel haben – obwohl es überall in der Stadt jede Menge ungenutztes und missbräuchlich genutztes Land gibt.

Ihnen werden sich communities aus Gugulethu, Newfields Village, Blikkiesdorp, Anlage B (Khayelitsha), Joe Slovo und anderen communities anschließen. Diese communities verlangen Land und Wohnraum für die Armen in der Stadt und ein Ende der Räumungen.

Tafelsig ist das neue Hangberg 31. Den Leuten wird von der Regierung ihr Land für „Entwicklung“ weggenommen, und davon werden nur diejenigen profitieren, die es in Wirklichkeit gar nicht brauchen. Und die Regierung nimmt das Land gewaltsam in Besitz, sie zerstört das Eigentum und die Leben der Leute.

Wir verlangen Land für die Armen in Westkap. Die Armen werden in naher Zukunft eine starke Front bilden. Der Kampf der Armen wird weitergehen, bis 87% des Landes an die Mehrheit zurückgegeben wurde.

Hier der Bericht zu den Überschwemmungen in den informellen Siedlungen:
Die jährlichen Regenfälle sind zurück und überfluten informelle Siedlungen und Hinterhöfe 32

Während nirgendwo in den communities wie Tambo Square 33, die nun schon tagelang überschwemmt sind, Katastrophenhilfe zu bemerken ist, liegt die tatsächliche Schuld daran, dass in unseren communities keinerlei Dienstleistungen existieren. Interviews mit BewohnerInnen zeigen, dass das ein chronisches Problem ist, verursacht vom top-down-Zugang zu Entwicklung seitens der Stadtverwaltung.

Es gibt hunderttausende Baracken- und HinterhofbewohnerInnen in Kapstadt, und fast alle von ihnen leiden an dem extremen Wetter in der Kapebene. Viele Menschen, vor allem Kinder und die Älteren, erkranken aufgrund von Kälte, Wind und Regen. Ihre Häuser werden jeden Winter überflutet, wobei ihre gesamte Einrichtung zerstört wird und schließlich Familien für Wochen aus ihnen flüchten müssen.

In Westkap erhalten informelle SiedlerInnen kaum Unterstützung durch NGOs oder die Regierung. In der vergangenen Woche haben die Regenfälle, die auf wohlhabendere Gegenden wie Camps Bay und Bishops Court kaum Auswirkungen zeigen, bei Baracken- und HinterhofbewohnerInnen Chaos und Verwüstung angerichtet. Und trotz der Bitten der Opfer haben sich die Stadtverwaltung von Kapstadt und die Provinzregierung geweigert, Katastrophen- und medizinische Hilfe zu leisten. In Tambo Square wurden keine alternativen Wohnmöglichkeiten zur Verfügung gestellt, und so verweilen die BewohnerInnen in ihren überfluteten Häusern. Keine Decken, heiße Suppen oder Stromgeneratoren wurden zur Verfügung gestellt, denn die Wahlen sind vorbei und die PolitikerInnen denken, die Armen werden bis zu den nächsten Wahlen vergessen haben, dass die Regierung nichts für sie getan hat.

Frau Rhafisa (Tambo Square) lebt zusammen mit zwei Kleinkindern, Clod und Lavisa. Clod verliert aufgrund der Kälte und des Regens Blut. Seit zwei Wochen verliert er Blut. Frau Rhafisa verspürt ebenfalls aufgrund von Kälte und Feuchtigkeit Schmerzen. Ihr Kocher, der DVD-Player, der Fernseher, das Bett, die Decken und das Gewand: alles durchnässt. Seit 3 Jahren lebt sie nun in Tambo Square, und jedes einzelne Jahr wurde ihr Heim überflutet. Sie hat wenig Hoffnung, dass die Versprechen auf ein Ziegelhaus erfüllt werden werden.

Frau Ngquina (Tambo Square) lebt zusammen mit ihrem Mann, der Schwester und der jungen Tochter. Alles in ihrem Haus ist nass: der Kocher, DVD-Player und alle ihre Sachen. Die gesamte Familie ist an Grippe und Fieber erkrankt, weil das Haus unter Wasser steht. Aber Frau Ngquina kann nicht weg (auch während der Regenfälle konnte sie das nicht), weil sie nirgenwo hin kann.

Das Haus von Bonga Majilimane (Tambo Square) ist sehr durchnässt und er ist erkrankt, weil das Wasser, das in sein Haus eindrang, alles durchnässte und es kalt ist. Sein Hi-Fi-Player und DVD-Player sind nass und funktionieren nicht mehr. Sein Bett und die Decken sind nass und er kann sie nicht trocknen, er kann in seinem Haus nicht schlafen.

Das sind bloß einige Geschichten von BewohnerInnen von Tambo Square, und die Winterregen haben eben erst begonnen.

Deshalb bitten die Armen um Hilfe von jeder Gruppe, Firma oder Organisation. Wir brauchen Plastik und/oder Segeltuch, um die Dächer unserer Baracken zu decken ebenso wie viele andere Sachen, um zu verhindern, dass die Fluten in unsere Häuser eindringen. Wir brauchen Decken, Lebensmittel etc.

Aber wir ersuchen nicht nur um Katastrophenhilfe, wir fordern auch einen realistischen Plan, um die Überflutungen unserer communities zu stoppen:

1. Zu allererst benötigen wir formelle Siedlungen (d.h. ordentliche Häuser) in einer (mit Strom und Wasser) belieferten Gegend. Hätten wir sie, gäbe es keine Überschwemmungen in unseren communities mehr, und die Stadt müsste keine Mittel mehr für den Umgang mit den Katastrophen verschwenden.

2. Wenn wir schon keine Häuser bekommen, sollte die Regierung zumindest unsere communities verbessern und ordentliche Sanitäranlagen, Wasserleitungen und Abflüsse herstellen lassen. Wieso erhalten Reiche wunderbare Dienstleistungen wie Müllabfuhr und Entwässerungssysteme, während wir im Winter in unseren communities Seen haben?

Diese Dinge sind nicht schwer zur Verfügung zu stellen und die Investition in ein wenig echte Entwicklung würde in Zukunft der Regierung eine Menge Geld ersparen.

Anmerkungen

1) Alle Übersetzungen von akkris, die Quellenangaben finden sich jeweils als Fussnoten zu den Zwischenüberschriften.

2) http://en.wikipedia.org/wiki/Mitchell%27s_Plain

3) Während der Apartheid wurden die Menschen in Südafrika in viele „Rassen“ gespalten, darunter die „Farbigen“, indem für jede dieser Gruppierungen eigene Wohnbereiche (townships) festgelegt wurden (siehe die entsprechende Anmerkung). Auf diese rassistische Klassifizierung, die in der Praxis immer noch nachwirkt, wird hier Bezug genommen.

4) Khayelitsha ist die drittgrößte township Südafrikas am Stadtrand von Kapstadt, der Name bedeutet in Xhosa Neue Heimat. Hier leben ca. 1,5 Millionen Menschen, davon 90% Schwarze und 10% Farbige. Die hauptsächlich verwendete Sprache ist Xhosa.

5) Das Gesetz Nr. 41/1950 teilte den verschiedenen ethnischen Gruppen (Weiße, Schwarze, Asiaten, Mischlinge) eigene Wohngebiete zu. So entstand in jeder Stadt die räumliche Segregation der ethnischen Gruppen.

6) http://antieviction.org.za/, siehe auch http://akkrise.wordpress.com/sudafrika/anti-eviction-campaign/

7) http://www.tac.org.za/community/, gegründet am 10.12.1998 in Kapstadt. Die TAC hilft beim Zugang zu medizinischer Behandlung, unterstützt Menschen mit HIV und führt Kampagnen zur Reduzierung der Neuinfektionen mit HIV durch. Die TAC hat über 16.000 Mitglieder.

8) Manchmal auch Mitchell’s Plain Backyarders and Ratepayers Association; backyarder sind Menschen, die in Hinterhöfen wohnen.

9) http://www.capetown.gov.za/en/Pages/Citysantilandinvasionunittostoplandgrabs.aspx, Martin Pollack, 17.7.2009. Die Infos stammen von der offiziellen homepage der Gemeinde Kapstadt und sind daher mit Vorsicht zu genießen. Sie zeigen aber die offiziellen Zahlen und sind insofern durchaus hilfreich.

10) Ende 2009 hat das Verfassungsgericht die Teile des Slumgesetzes von KwaZulu Natal, die eine Räumung ohne Gerichtsbeschluss sowie ohne Anhörung der Betroffenen und ohne Ersatzwohnmöglichkeit für Betroffene für verfassungswidrig erklärt. Deshalb der Hinweis auf die Verfassung in diesem Statement.

11) Damit wird sowohl den verzweifelten BesetzerInnen als auch der Verfassung, die als eine der fortschrittlichsten weltweit gilt, die Schuld an den sich dahinziehenden Verbesserungen bezüglich der Wohnraumsituation zugespielt.

12) http://www.iol.co.za/capeargus, nach eigener Darstellung eine engagierte, dynamische und familienorientierte Tageszeitung mit einer starken Orientierung an der community und dem Ziel, den Bedürfnissen der LeserInnen von Kapstadt zu dienen. Der folgende Text wurde von http://www.abahlali.org/node/8056 übernommen (16.5.2011, natasha.prince@inl.co.za)

13) erf-Nummern dienen der Identifizierung von Landeigentum.

14) Bei den Wahlen

15) ca. 10 Rand entsprechen 1 Euro

16) http://www.capetimes.co.za/backyarders-refuse-to-vote-1.1070805, 19.5.2011, zara.nicholson@inl.co.za

17) http://www.iol.co.za/capeargus/invaders-move-off-tafelsig-field-1.1071559, 20.5.2011, Natascha Prince

18) In Südafrika gibt es 11 Amtssprachen (in der Kapregion wird hauptsächlich Xhosa gesprochen, in KwaZulu Natal Zulu)

19) Provinz von Südafrika, in der Kapstadt liegt

20) http://www.abahlali.org/node/8079, 25.5.2011, Fadela Slamdien, West Cape News

21) Lawyers for Human Rights, LHR

22) Prevention of Illegal Eviction from and Unlawful Occupation of Land Act, 1998

23) http://abahlali.org//////node/8070, 25.5.2011

24) Durban

25) Kennedy Road Development Committee, gewähltes Gremium in den communities, um Verbesserungen der lokalen Infrastruktur umzusetzen. Gemeint ist hier das 2009 vertriebene KRDC, das aus Abahlali-Mitgliedern bestand. Seit September 2009 gibt es kein gewähltes KRDC mehr.

26) http://www.capetimes.co.za/, Grace Huang, 30.5.2011

27) In Südafrika beginnt jetzt der Winter.

28) http://www.iol.co.za/, 28.5.2011

29) Non profit-Organisation, die mit der Regierung bei Stadterneuerungsprojekten zusammenarbeitet.

30) antieviction.org.za, 1. Juni 2011, Kontakt: Mncedisi, Tel. 0785808646

31) Hangberg ist eine informelle Siedlung in Kapstadt, in der es 21.9.2010 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam, als die Polizei mehrere dutzend Häuser schleifen wollte. Siehe auch http://akkrise.wordpress.com/sudafrika/communities/der-aufstand-in-hangberg/

32) http://antieviction.org.za/, Presseaussendung von AEC Gugulethu, 2.6.2011; Weitere Informationen: Mncedisi @ 0785808646, Malamlela @ 0845345879, Ms Bolomani @ 0730271364, Ms Sitshinga @ 0715571092.

33) In der informellen Siedlung Tambo Square leben ca. 1.500 Menschen