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Kaltblütige Morde in Marikana

http://akkrise.wordpress.com/2012/08/30/kaltblutige-morde-in-marikana/

Kaltblütige Morde in Marikana

Greg Marinovich

Einige der Bergarbeiter, die bei dem Massaker am 16. August in Marikana umgebracht wurden, scheinen aus nächster Nähe erschossen oder von Polizeifahrzeuge zerquetscht worden zu sein. Sie wurden nicht von einer Salve getroffen, die Polizisten aus Selbstschutz abgegeben haben, wie es offiziell heißt. Greg Marinovich verbrachte zwei Wochen damit draufzukommen, was tatsächlich geschah. Was er herausfand, ist äußerst beunruhigend.

Von den 34 Bergarbeitern, die bei Marikana umgebracht wurden, wurden nicht mehr als ein Dutzend von den Kameras der Medien vor Ort erfasst. Die Mehrheit derjenigen, die starben, so berichten überlebende Streikende und RechercheurInnen, wurden abseits der Kameras getötet, bei einer unscheinbaren Ansammlung von Felsen, rund 300 Meter hinter Wonderkop.

Auf einem dieser Felsen, der von allen Seiten von soliden Granitbrocken umgeben ist, steht der Buchstabe “N”, der 14. Buchstabe des Alphabets. Dieses N steht für die 14. Leiche eines streikenden Bergarbeiters, die von einem forensischen Team der Polizei an diesem einsamen Ort aufgefunden worden ist. Diese Buchstaben werden von Forensikern benutzt, um genau festzuhalten, wo Leichen liegen.

Es gibt eine dicke Schicht von Blut, die sich tief in die trockene Erde zieht, was anzeigt, dass N an Ort und Stelle erschossen worden ist. Es gibt keine Blutspur, die dorthin führt, wo N starb – das Blut findet sich nur an einem Punkt, was auf keine weiteren Bewegungen hindeutet. (Es wäre für den Menschen gar nicht möglich gewesen, hierher zu kriechen angesichts der starken Blutung.)

Wenn mensch sich N aus allen möglichen Richtungen nähert, und wenn mensch die lokalen topographischen Gegebenheiten berücksichtigt, dann wird klar, dass der Schütze, um N zu erschießen, sehr nah gewesen sein muss. Sehr nah, tatsächlich, nahezu in Reichweite. (Nachdem ich Tage hier an diesem Ort des blutigen Massakers verbracht habe, brauche ich nicht viel Vorstellungskraft, um zu meinen, dass N an diesem Winterabend um sein Leben gebettelt haben könnte.)

Und an diesem tödlichen Donnerstag Nachmittag kann Ns Mörder nur ein Polizist gewesen sein. Ich sage Mörder, denn es gibt von diesem Tag keinen einzigen Bericht über einen verletzten Polizisten. Ich sage Mörder, denn es scheint hier keinerlei Versuch gegeben zu haben, das Recht unserer BürgerInnen auf Leben und auf ein faires Verfahren zu respektieren. Es ist schwer vorstellbar, dass N Widerstand gegen seine Verhaftung geleistet hat, wenn er so eingekesselt war. Es gibt hier keine Möglichkeit, aus der Umzingelung durch die Polizisten zu flüchten.

Andere Buchstaben verweisen auf ähnlich grauenhafte Szenarien. “J” und “H” starben nebeneinander. Auch sie hatten keinerlei Fluchtmöglichkeit und müssen aus kürzester Distanz erschossen worden sein.

Weitere Buchstaben finden sich auf den umliegenden Felsen. Ein blutiger Handabdruck findet sich auf einem aufragenden Felsen, wo jemand versuchte, sich aufzurichten; viele andere Felsen sind bespritzt von dem Blut der Minenarbeiter, die am Nachmittag des 16. August starben.

Keiner dieser Vorfälle wurde von den Medien beobachtet oder fotografiert. Über sie wurde nur als Teile der größeren Tragödie, die sich hier abgespielt hat, berichtet.

Einer der streikenden Bergarbeiter, der in dem Chaos gefangen war, nennen wir ihn “Themba”, sein Name ist dem Daily Maverick bekannt, erinnerte sich an das, was er sah, als er den Todesfeldern um Wonderkop entkam.

“Die meisten Leute riefen uns dann dazu auf, den Hügel zu verlassen, und als wir runterkamen, begann die Schießerei. Die meisten Leute wurden nahe dem kraal erschossen, als sie versuchten, in die Siedlung zu kommen; das Blut, das wir gesehen haben, stammt von ihnen. Wir rannten in die andere Richtung, aber es war unmöglich, durch den Kugelhagel zu kommen.

Wir rannten, bis wir zum Versammlungsplatz kamen, und verfolgten den Vorfall am Hügel. Zwei Hubschrauber landeten; Soldaten und Polizisten umstellten das Gebiet. Wir sahen niemand von dem Hügel entkommen.”

Die Soldaten, die er erwähnt, waren in Wirklichkeit Teil des Einsatzteams der Polizei in Tarnuniformen, die von einem Militärfahrzeug zum Schauplatz gebracht worden sind. Darüber befragt, sagte Themba, er glaube, dass sich Leute beim Hügel versteckt hätten, und dass die Polizei dort eingedrungen und sie umgebracht hätte.

In den Tagen nach der Schießerei besuchte Themba Freunde im nahegelegenen Spital der Mine. “Die meisten Leute, die im Spital liegen, wurden im Rücken getroffen. Die, die ich im Spital gesehen habe, wiesen eindeutige Spuren auf, dass sie von den Nyalas 1 überrollt wurden”, sagte er. “Ich habe es nie bis in die Leichenhalle geschafft, aber die meisten Leute, die dort waren, erzählten mir, dass sie die Gesichter der Toten nicht wiedererkennen konnten (sie waren entweder von Kugeln oder deshalb, weil sie überrollt worden sind, entstellt).”

Es wird klar, dass schwer bewaffnete Polizisten runtergerannt sind und die Bergarbeiter kaltblütig umgebracht haben. Eine Minderheit wurde bei den gefilmten Vorfällen umgebracht, und hier behauptet die Polizei, sie habe in Selbstverteidigung gehandelt. Der Rest war Mord in großem Ausmaß.

Peter Alexander, Vorsitzender bei Social Change und Professor der Soziologie an der Universität von Johannesburg und zwei ForscherInnen interviewten in den Tagen nach dem Massaker ZeugInnen. Der Forscher Botsong Mmope sprach am 20. August mit einem Minenarbeiter, Tsepo. Tsepo (nicht sein wahrer Name) beobachtete einige der Vorfälle, die abseits der Kameras geschahen.

“Tsepo sagte, dass viele Menschen auf dem kleinen Hügel umgebracht wurden, und dass das (von den Medien) niemals erwähnt worden sei. Er stimmte zu, uns zu dem kleinen Hügel zu bringen, denn dort sind sehr viele Menschen gestorben”, sagte Mmope.

Nachdem die Schießerei begonnen hatte, sagte Tsepo, befand er sich unter vielen, die in Richtung des kleinen Hügels rannten. Als die Polizei sie zu jagen begann, sagten einige von ihnen: “Legen wir uns hin, Genossen, dann werden sie nicht auf uns schießen.”

“Zu diesem Zeitpunkt wurden sie von einem Hubschrauber, der über ihnen kreiste, beschossen. Tsepo legte sich also hin. Eine Anzahl von seinen Kollegen ebenfalls. Er sagt, er beobachtete, wie Nyalas über die liegenden, lebendigen Bergarbeiter fuhren”, sagte Mmope. “Andere Arbeiter rannten zu dem Hügel, und dort wurden sie von der Polizei und der Armee mit Maschinengewehren erschossen.” (Mehrere ZeugInnen und SprecherInnen bei dem Treffen der Bergarbeiter sprachen von der Armee, oder amajoni 2, inzwischen sprechen sie von einer Spezialeinheit der Polizei in Tarnuniformen und an diesem Tag mit halbautomatischen R5-Gewehren bewaffnet. – GM)

Als die Schießerei schließlich vorbei war, schaffte es Tsepo, in Richtung Norden zu entkommen.

Die Polizei brauchte mehrere Tage, um die Anzahl der Getöteten zu ermitteln. Die Anzahl von 34 Toten überraschte die meisten von uns. Nur rund ein Dutzend Tote sahen wir im Fernsehen, wo also genau sind die Bergarbeiter umgebracht worden, und wieso mussten sie sterben?

Die meisten JournalistInnen und anderen Menschen haben diese Fragen nicht gestellt. Die Gewalt, die von den Toten ausgegangen war, die wir sehen konnten, reichte aus, um sich zufrieden zu geben. Die Polizei erwähnte natürlich nicht, was außerhalb der Sicht der Kameras geschah.

Die Anzahl von 112 Minenarbeitern (34 Tote und 78 Verletzte) bei Marikana ist einer dieser wenigen bitteren Momente in unserer blutigen Geschichte, der von Kameras erfasst worden ist. Von mehreren Kameras, und von verschiedenen Standorten aus.

Das hat dazu beigetragen, dass die Aktionen und Reaktionen beider Seiten, der Streikenden und der Polizei auf eine Weise überprüft werden konnten, wie nicht dokumentierte Tragödien nie überprüft werden können. Während die Motive und Überlegungen beider Parteien niemals völlig klar werden werden, werden ihre Handlungen ziemlich offenbar.

Und so entwickelte sich innerhalb des öffentlichen Diskurses eine vorherrschende Erzählung. Die Fakten, die von der Polizei, von unterschiedlichen staatlichen Institutionen und von den Medien präsentiert wurden, besagten, dass die Streikenden ihren Tod selbst provoziert hätten, weil sie die Ordnungskräfte angegriffen und beschossen hätten. Tatsächlich können die verschiedenen Fotos und Filmsequenzen als Beleg für diese Behauptung aufgefasst werden.

Die gegenteilige Sichtweise ist, dass die streikenden Bergarbeiter den Gummigeschossen und dem Tränengas zu entkommen versuchten, als sie auf die schwer bewaffneten Spezialkräfte (d.h. auf unsere Variante der SWAT 3-Teams) zuliefen. Das Ergebnis waren die schrecklichen Bilder von einem Dutzend Männern, die von einer Salve aus automatischen Waffen niedergemäht wurden.

Von außerhalb des Durcheinanders von Granitblöcken bei dem kleinen Hügel, den verwitterten Überresten eines prähistorischen Bergs, betrachtet, scheint es, dass ansonsten hier keine Brutalitäten, außer dem Fällen großer Bäume zwecks Feuerholzbeschaffung passiert seien.

Aber befindet mensch sich erstmal innerhalb dieses Kreises, dann läuft mensch durch enge Durchlässe zwischen den verwitterten bushveld 4-Felsen in Sackgassen. Verstreute Reste menschlicher Ausscheidungen und Toilettenpapier zeigen an, wo sich die gemeinsame Toilette der Bergarbeiter, die in den Baracken-communities keine Toiletten haben, befunden hat.

Hier, dem Blick von außen verborgen, finden sich die gelben Buchstaben, die von dem forensischen Team dort hingesprayt worden sind, wo sie die Leichen der Bergarbeiter fanden. Der Buchstabe N scheint die Anzahl der Toten an diesem Ort auf 14 zu erhöhen. Einige der anderen Buchstaben sind schwer zu erkennen, vor allem dort, wo sie auf trockenes Gras und auf Sand gesprayt wurden.

Die gelben Buchstaben sprechen, als wären sie die Stimmen der Toten. Die Position der Buchstaben, die die Überreste von einst schwitzenden, keuchenden, fluchenden, flehenden Männern bilden, erzählen eine Geschichte, in der Polizisten Männer wie Bestien jagten. Sie erzählen über dutzende von Morden aus nächster Nähe, an Orten, die von außen nicht einsichtbar sind.

N beispielsweise starb in einer schmalen Verschanzung, die von vier Seiten von massivem Fels umgeben ist. Sein Mörder kann nicht weiter als zwei Meter von ihm entfernt gestanden sein – die Geographie erlaubt keine andere Möglichkeit.

Warum?

Gehen wir noch einmal zurück zu den Vorfällen vom Montag, 13. August, drei Tage vor diesen Vorfällen.

Themba, einer Bergarbeiter in zweiter Generation aus Ost-Kap, war auch damals zugegen. Er war Teil einer Gruppe von etwa 30 Streikenden, die ausgesandt worden waren, um über das veld zu einer anderen Lonmin-Platinmine, Karee, zu gehen.

Es war die Karee-Mine, in der andere Mineure einen wilden Streik durchführten, um bessere Löhne durchzusetzen. Die National Union of Mineworkers unterstützte sie nicht, und das Management fuhr eine harte Linie. Der Streik war nicht erfolgreich, viele der Streikenden verloren ihre Jobs. Die Bergarbeiter von Marikana nahmen an, dass es dort eine Menge Bergarbeiter gab, die immer noch zornig genug waren, um sich ihnen in Wonderkop anzuschließen.

Die Streikenden aus Marikana haben ihre Kollegen niemals erreicht; stattdessen wurden sie von der security der Minenbesitzer abgefangen und auf einem anderen Weg zurückgeschickt, als auf dem, den sie gekommen waren.

Auf dieser Straße trafen sie auf ein Kontingent Polizisten. Themba sagte, dass es rund 10 Nyalas und ein oder zwei Polizei-LKWs oder Transporter waren. Die Polizisten verstellten ihnen den Weg und wiesen sie an, ihre Waffen niederzulegen. Die Arbeiter weigerten sich, sie sagten, sie brauchten die Macheten, um Holz zu machen, denn sie lebten im Busch, und ehrlicherweise fügten sie hinzu, dass sie sie auch zur Selbstverteidigung brauchten.

Am Freitag davor, sagten sie, seien drei von ihnen von Leuten, die rote NUM T-Shirts trugen, umgebracht worden.

Die Polizeikette öffnete sich und sie wurden durchgelassen, aber nachdem sie etwa 10 Meter weit gekommen waren, eröffnete die Polizei das Feuer auf sie.

Die Bergarbeiter wandten sich um und griffen die Polizisten an.

Hier, sagte er, brachten sie zwei Polizisten um und verletzten einen weiteren. Die Polizei brachte zwei Bergarbeiter um und ein dritter wurde schwer verletzt, als ein Hubschrauber das Feuer eröffnete, sagte Themba. Die Bergarbeiter trugen den Verletzten zurück nach Wonderkop, von wo er mit dem Auto ins Spital gebracht wurde. Sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

Als der Polizeisprecher Captain Dennis Adriao zu diesem Zwischenfall telefonisch befragt wurde, sagte er, dass Sicherheitspolizisten von Bergarbeitern angegriffen worden seien, die zwei Polizisten zu Tode hackten und einen weiteren ernsthaft verletzten. Er sagte, acht Leute seien wegen dieses Vorfalls verhaftet worden, und wegen der 10 Toten vor dem 16. August. “Zwei sind unter Aufsicht im Spital, sie wurden beim Angriff auf die Polizei verletzt.”

Die Polizei-Version dieses Vorfalls unterscheidet sich erheblich von der von Themba, aber was feststeht ist, dass die Polizei bereits Leute verhaftet hatte wegen der bis dahin geschehenen Morde.

Wieso dann die Eile, den tausenden, die in Wonderkop campierten, in den Tagen vor dem 16. August entgegen zu treten?

Aber lassen wir uns hier nicht zu sehr von diesen auf der Hand liegenden Fragen ablenken, kehren wir zu den Vorfällen vom 16. August selbst zurück.

Auf der website South African Government Information findet sich immer noch dieses Statement, das vom Tag des Massakers in Marikana datiert:

“Nach intensiven und erfolgreichen Verhandlungen von Mitgliedern der SAPS 5 zwecks Entwaffnung und Zerstreuung einer schwer bewaffneten Gruppe von sich illegal Versammelnden bei einem Hügel nahe der Lonmin-Mine bei Rustenberg in der Provinz Nord-West wurde die südafrikanische Polizei von dieser Gruppe bösartig angegriffen, die eine Anzahl unterschiedlicher Waffen, darunter Feuerwaffen verwendete. Die Polizei war aus Gründen der Eigensicherung und Selbstverteidigung gezwungen, der Gruppe mit Gewalt entgegen zu treten. Das führte dazu, dass leider mehrere Menschen verletzt, andere schwer verletzt wurden.”

Dieses polizeiliche Statement hält ganz klar fest, dass die Polizei in Selbstverteidigung agierte, trotz der Tatsache, dass am 16. August nicht ein einziger Polizist verletzt wurde.

Wie wir bereits früher diskutiert haben, ist es möglich, das, was sich auf den Filmdokumenten findet, als Überreaktion der Polizei auf eine Bedrohung zu interpretieren. Was danach geschah, 400 Meter von dem Kleinen Hügel entfernt, ist was anderes. Dass gepanzerte Polizeifahrzeuge über am Boden liegende Bergarbeiter fuhren, kann nicht als irgendeine Form von polizeilicher Tätigkeit beschrieben werden.

Die Anordnung dieser gelben, gesprayten Buchstaben erzählt eine ernüchternde und grauenhafte Geschichte und verleiht dem, was die Streikenden berichtet haben, größere Glaubwürdigkeit.

Ein Bergarbeiter erzählte am Morgen nach dem Massaker dem Daily Maverick, “als einer unserer Arbeiter an einem Nyala vorbeikam, saß da Jugendfreund von ihm aus Ost-Kap drinnen, und der erzählte ihm, dass heute D-Day sei, dass sie gekommen waren, um zu schießen. Er sagte, es gäbe ein Papier, das sie dazu ermächtige, auf uns zu schießen.”

Die Art, wie sich dieser Polizist angeblich geäußert hat, ist verblüffend ähnlich der, die Adriao am 16. August verwendete, und wie MineWeb zitierte: “Wir haben tagelang versucht, mit den Führern zu verhandeln und mit denen, die sich bei der Mine versammelt haben, unser Ziel ist es, die Leute dazu zu bringen, ihre Waffen abzugeben und sich friedlich zu zerstreuen.

Heute ist D-Day, das heißt, wenn sie das nicht befolgen, dann werden wir handeln müssen … wir werden hart durchgreifen müssen”, sagte er.

Etwas später kommentierte er: “Leider ist heute D-Day”, sagte Polizeisprecher Dennis Adriao. “Es ist eine illegale Versammlung. Wir haben versucht zu verhandeln, und das werden wir wieder tun, aber wenn das nichts fruchtet, werden wir offensichtlich zu einer taktischen Phase übergehen müssen.”

Wenn es um die Frage der möglichen Absichten der Polizei geht, dann sollten wir uns ansehen, wie die eingesetzten Polizisten bewaffnet waren. Die Waffen, die die meisten der 400 Polizisten, die vor Ort waren, einsetzten, waren R5 (ein lizenzierter Nachbau der israelischen Galil SAR) oder LM5-Sturmgewehre, die für den Einsatz durch die Infanterie oder polizeiliche Einsatzkommandos gebaut werden. Diese Waffen können keine Gummigeschosse abfeuern. Die Polizei war eindeutig in militärischer Art bewaffnet – um zu töten, nicht um mögliches aufständisches Verhalten zu bekämpfen.

Der Tod ihrer drei Kameraden drei Tage zuvor schuf das Bühnenbild für die Polizei, die, immer stärker der Brutalität, Folter und Tötung von Gefangenen beschuldigt worden ist, bis hin zu Racheakten. Was unklar bleibt ist, wie hoch in der Befehlskette dieser Rachewunsch reichte.

Es gab eine Verschleierung der Polizeiarbeit und ein punktuelles Stillschweigen in einer demokratischen Gesellschaft, in der die Polizei theoretisch den BürgerInnen gegenüber verantwortlich ist, wie auch gegenüber unseren gewählten VertreterInnen. Wir leben in einem Land, in dem Menschen als unschuldig gelten, solange ihre Schuld nicht bewiesen wurde; in dem Massenexekutionen durch die Polizei nicht erlaubt sind.

Machen wir uns keine falschen Vorstellungen. Die streikenden Bergarbeiter sind keine Engel. Sie können so gewalttätig sein wie irgendjemand sonst in unserer Gesellschaft. Und in einer aufgeheizten Situation wie bei Marikana erst recht. Sie sind zornig, ohnmächtig, fühlen sich betrogen und möchten höhere Löhne als welche, die bloß das nackte Überleben abdecken. Wie brauchbar ihre Argumente auch immer sein mögen, und welche Verbrechen auch immer einige einzelne von ihnen begangen haben mögen, über 3.000 Menschen, die sich bei Wonderkop versammeln, haben es keinesfalls verdient, Opfer von Massenerschießungen und von völlig willkürlichen Exekutionen durch eine paramilitärische Polizeieinheit zu werden.

In diesem Licht betrachtet können wir die Vorfälle vom 16. August als den Mord an 34 und den Mordversuch an weiteren 78 Menschen betrachten, die überlebt haben, obwohl die Polizei offensichtlich beabsichtigte, sie umzubringen.

Zurück bei den Felsen auf dem Kleinen Hügel, dort wächst ein wilder Birnbaum zwischen den Haufen von menschlichen Exkrementen; ein Ort des Horrors, der bisher für die Öffentlichkeit unbekanntes Terrain war. Es könnte der Ort sein, an dem die Verfassung von Südafrika ihre letzte Stunde erlebt hat.

Anmerkung Daily Maverick: Wir haben diese Fragen der Polizei gestellt, und die sagt, dass sie sie nicht kommentieren kann, sie möchte auch keine weiteren Details bekanntgeben dazu, was am und um den Kleinen Hügel am 13. August geschah. Wir warten auf weitere Kommentare von seiten des Innenministeriums.

Anmerkungen

1Polizeifahrzeuge (Nyala sind eigentlich Antilopen, also ähnlich den “Leopard”-Panzern u.ä. hier)

2Amajoni Security CC, Roodepoort, Johannesburg, security-Unternehmen

3US-Spezialeinheiten (“Special Weapons and Tactics)

4Bushveld wird die Lagerstätte der Edelmetalle, an der sich auch Marikana befindet, genannt. Es handelt sich um ca. 2 Milliarden alte Gesteinsformationen.

5Südafrikanische Polizei

Greg Marinovich

Greg Marinovich, geb. 1962 in Südafrika, ist ein mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneter Fotograf und Co-Autor von “The Bang Bang Club”, einem nonfiction-Buch über Südafrikas Übergang zur Demokratie. Er hat 25 Jahre lang auf der ganzen Welt bei Konflikten, für Dokumentationen und für die Berichterstattung fotografiert. Seine Fotos sind in internationalen Publikationen wie Time, Newsweek, The New York Times, The Washington Post, Wall Street Journal, The Guardian (London) usw. abgedruckt worden.

Er ist Vorsitzender des Nominierungskomitees der World Press Master Class für Afrika und war zwischen 1994 und 2005 Jurymitglied bei World Press Photo. 2009 erhielt er den Nat Nakasa-Preis für couragierten Journalismus. Marinovich war Chefredakteur des Twenty Ten-Projekts und verantwortlich für die Koordination der Arbeit von mehr als 100 JournalistInnen in unterschiedlichsten Medien.

Gegenwärtig ist er Redakteur für IMaverick und Daily Maverick, selbstständiger Fotograf, produziert einen Film über die ehemaligen Militanten im township Thokoza, Südafrika, und schreibt ein nonfiction-Buch über einen berüchtigten Mörder, der ausgerechnet Marinovich’s Mutter heiratete.

Das Massaker an den Minenarbeitern von Marikana – eine massive Eskalation des Kriegs gegen die Armen

http://akkrise.wordpress.com/2012/08/19/upm-statement-18-8-2012/

UPM-Statement, 18 August 2012, Ayanda Kota, 078 825 6462

Das Massaker an den Minenarbeitern von Marikana – eine massive Eskalation des Kriegs gegen die Armen

Zwei Tage sind nun vergangen seit dem brutalen, herzlosen und erbarmungslosen kalten Blutbad an 45 Minenarbeitern in Marikana durch die südafrikanische Polizei. Das war ein Massaker!

Südafrika ist das am meisten ungleiche Land der Welt. Das Ausmaß an Armut ist maßlos. In jeder township gibt es Baracken ohne Sanitäranlagen und Strom. Die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 40%. Die ökonomische Ungleichheit wird begleitet von politischer Ungleichheit. Überall sehen sich AktivistInnen ernsthafter Unterdrückung durch die Polizei und lokale Parteistrukturen ausgesetzt.

Der Bergbau war zentral in der Geschichte der Unterdrückung in Südafrika. Bergbau hat Sandton 1 zu Sandton gemacht und die Bantustans von Ost-Kap zu den verwüsteten Orten, die sie immer noch sind. Der Bergbau in Südafrika hat auch die Eliten in England reich gemacht, indem sie die ArbeiterInnen in Südafrika ausbeuteten. Mensch kann nicht verstehen, warum das ländliche Ost-Kap arm ist, wenn mensch nicht versteht, warum Sandton und die City of London reich sind.

Unlängst war der Bergbau in den Schlagzeilen in Südafrika. Malema, ein korrupter und autoritärer Demagoge, der eine Fraktion der BEE-Elite 2 vertritt, hat die Verstaatlichung gefordert. Fortschrittliche Kräfte in- und außerhalb der Allianz stellen sich gegen Malema, weil er die räuberischste Fraktion der Eliten vertritt und nach einer massiven Rettungsaktion für seine Freunde sucht, die auf unprofitablen Minen sitzen. Wir stehen für die Vergesellschaftlichung der Minen unter der Kontrolle der ArbeiterInnen. Wir stehen auch für Reparationen wegen der hundert Jahre Ausbeutung.

Die Dinge beginnen sich zu ändern, aber nicht zum Besseren. Khulubuse Zuma, der Neffe des Präsidenten und Zondwa Mandela, ein Enkel des früheren Präsidenten, und viele andere mit eingen Familienbanden zu PolitikerInnen wurden über Nacht zu Minen-Magnaten. China ist ebenfalls auf den fahrenden Zug aufgesprungen und plündert unsere Ressourcen.

Frans Baleni, der General(sekretär) der National Union of Mineworkers (NUM), verdient monatlich 105.000 Rand. Die NUM ist zu einer Straße, die in hohe Posten in der Regierung führt, geworden, ja sogar zu Posten in den Vorstandsetagen der Minenunternehmen. Die Gewerkschaft verliert in den Minen rasch jegliche Glaubwürdigkeit. Es ist offensichtlich, dass sie bereits in das System eingebunden ist, und dass sie Teil der Kontrollstrukturen geworden ist. Die Polizei setzt die NUM ein, um sich an die ArbeiterInnen zu wenden. Baleni’s Verrat an den ArbeiterInnen hat ihn zu einem reichen Mann gemacht – ein reicher Mann, der die Kämpfe der Armen verurteilt und versucht, sie zu unterdrücken. Es ist keine Überraschung, dass die ArbeiterInnen die NUM ablehnen und versuchen, eine alternative Gewerkschaft aufzubauen, oder auf sich selbst gestellt zu agieren, ohne irgendeine Gewerkschaft, die sie vertritt. Die ArbeiterInnen haben recht, wenn sie die NUM-Führer von ihren Streiks davonjagen.

Die Marikana-Mine ist die reichste Platinmine der Welt, und doch leben ihre ArbeiterInnen in Baracken. Die meisten der ärmsten Arbeiter sind die Mineure, sie verrichten die schwierigste und gefährlichste Arbeit in der Mine. Sie verrichten die gefährlichste Arbeit in der Mine und erhalten doch nur 4.000 Rand Monatslohn. Mit ihrem Blut und ihrem Schweiß in den Minen schaffen sie nicht nur einen Wohlstand, der ihnen entfremdet wird, sie schaffen die fetten Katzen, die auf nackten Körpern fressen und saufen, und das sushi nennen.

Die Arbeiter, die den Hügel besetzt haben, kamen von vielen Orten, darunter Swaziland und Mozambique. Aber die meisten von ihnen kamen aus dem ländlichen Ost-Kap, aus den früheren Bantustans, wo die Menschen ihr Leben als lebende Leichen verbringen unter den Bossen, ohne Arbeit, ohne Land und ohne Hoffnung. Jeder Rand, den sie sich von den Kapitalisten zurückholen, ist ein Rand, der in den ärmsten Teil des Landes fließt. Den Teil des Landes, der über ein Jahrhundert lang am meisten zerstört worden ist durch die Minen. Wir feiern jeden Rand, den die Arbeiter zurückgenommen haben von den Kapitalisten, und unterstützen ihre Forderung nach 12.500 Rand Monatslohn voll. Würden Baleni oder Nzimande oder Zuma einen Lohn von 4.000 Rand akzeptieren? Wenn nicht, warum sollte es dann irgendjemand sonst?

Die Streikenden betrachten die NUM-Führer als Verräter. Sie haben sich von der NUM abgekoppelt, weil sie gesehen haben, dass sie sich von der Allianz der Kapitalisten und BEE-Eliten, die den ANC führt, abkoppeln müssen. Die Entscheidung, sich abzukoppeln, was sehr couragiert! Wir werden uns in jedem Sektor abkoppeln müssen, wenn wir eine echte Bewegung für Veränderung aufbauen wollen.

Die ArbeiterInnen unter der Allianz der drei Parteien werden vom Sozialismus ferngehalten, sie werden lediglich dazu ermutigt, für die herrschende Partei zu stimmen. Es geschieht nichts, um ihr soziales Bewusstsein in ihrem Kampf zu schärfen. Sie werden gefördert, an Sensationspolitik teilzunehmen, der Politik, wer führen soll und wer entfernt werden soll. Sie werden gefördert, communities und ArbeiterInnen, die sich unabhängig organisieren, als ihre Feinde zu betrachten.

Es ist leicht, sich dafür zu entscheiden, nicht zu entscheiden. Es ist viel schwieriger, eine Entscheidung zu treffen, die riskant und vielversprechend ist. Für die MinenarbeiterInnen war die Entscheidung, sich von Typen wie Baleni und der Dreiparteienallianz abzukoppeln, eine mutige Entscheidung. Sie verstehen, dass Courage ein wichtiges Element jeden Kampfes ist. Sie verstehen, dass es keine schnelle Lösung im Kampf um eine gerechte Gesellschaft gibt, eine Gesellschaft, die die Rechte der ArbeiterInnen und der Natur respektiert und hochhält, eine Gesellschaft, die auf den Prinzipien beruht, dass jedeR nach ihren/seinen Bedürfnisssen leben kann. Diese Gesellschaft beruht darauf, wie die politischen Beziehungen einer/s jeden zu den Eliten aussieht, die vom ANC und seinen Allianz-Partnern besetzt sind.

Wenn die Streikenden unter der Fahne der Dreiparteienallianz protestiert hätten, wären sie nicht abgeschlachtet worden. Streiks der COSATU 3 waren oft gewalttätig, aber ihre Mitglieder werden nicht wie Tiere abgeschossen. Tatsächlich war die Kampagne zur Unterstützung von Zuma in seinen Prozessen wegen Vergewaltigung und Korruption voll von Drohungen und Gewalt, und trotzdem sind die Zuma-UnterstützerInnen nicht niedergeschossen worden.

Ehe die Mineure den Hügel besetzt haben, haben sie geschworen, dass keine Kugel sie von dort entfernen wird können. Sie waren bereit zu kämpfen und zu sterben, um einen Anteil am Wohlstand dieser Mine für sich selbst und ihre Familien zu ergattern. Das zeigt, dass sie Menschen waren, die sich des Risikos, das ihre Entscheidung bedeutete, bewusst waren, die sorgfältig über dieses Risiko nachgedacht haben, die von ihrem eigenen Bewusstsein geleitet waren und dass sie bereit waren, die Konsequenzen, die daraus entstehen konnten, zu tragen.

Hellen Kellers Worte scheinen wahr: “So etwas wie eine komplette Gesellschaft gibt es nicht, doch wenn es sie gäbe, wie schön könnte das Leben sein. Ein Charakter kann sich nicht in Ruhe und Stille entwickeln. Nur durch Erfahrung von Versuch und Leid wird die Seele gestärkt, die Sehnsucht inspiriert, und der Erfolg.” Sie sagt weiter: “Um unsere Gesichter auf Veränderung und ein Verhalten wie freie Geister auszurichten, angesichts des Schicksals und Elends, ist die Stärke unbesiegbar.”

Die immense Courage der Mineure, die sich am Nkaneng-Hügel versammelt haben, war unglaublich. Sie waren dazu bereit, wirklich zu widerstehen. Sie waren bereit, ein echtes Risiko einzugehen. Diese Courage finden wir in der Linken nicht. Tatsächlich haben die meisten Linken den echten Kampf in echten communities aufgegeben, zugunsten von Treffen, Konferenzen und e-mails. Die Linke ist zu etwas geworden, was NGOs betreiben. So etwas wie arme schwarze Menschen zu Treffen zu fahren, übe die sie keine Kontrolle haben, und aus denen sie nur zu oft wieder rausgeschmissen werden. Wenn es zu echten Kämpfen kommt, an Orten wie den Barackensiedlungen von Zakheleni, eTwatwa oder Kennedy Road, dann ist der Großteil der Linken nicht anwesend. Aber wenn es eine große Konferenz gibt, sind sie alle da.

Die ANC-Regierung hat ArbeiterInnen ermordet, weil sie von einem bekannt ausbeuterischen und sehr, sehr reichen Unternehmen eine Gehaltserhöhung gefordert haben. Die ArbeiterInnen verdienen 4.000 Rand im Monat, sie verrichten die gefährlichste Arbeit. Der ANC-Präsident und die Kabinettsmitglieder verdienen nicht weniger als 2 Millionen Rand im Jahr. Und an dieser Spitze ist Korruption gang und gäbe. Unsere PolitikerInnen sind Teil der globalen Elite. Der schlechtestbezahlte ANC-Angestellte verdient nicht weniger als 20.000 Rand, abgesehen von diversen Zuschlägen.

Die ArbeiterInnen der Marikana-Mine lebten mit ihren Familien in Baracken. Der ANC-Präsident hat unlängst auf seinem Anwesen eine Villa gebaut, eine Villa, die die SteuerzahlerInnen nicht weniger als 200 Millionen Rand kostet.

Es ist die ANC-Regierung, die schießt und Protestierende umbringt, wenn sie um die Anerkennung ihrer Menschlichkeit kämpfen. Unlängst haben sie Andries Tatane ermordet. Sie haben seit 2000 mindestens 25 weitere Protestierende umgebracht. Wenn du arm und schwarz bist, zählt dein Leben für den ANC nichts.

Welche Lektion kann aus dem Massaker an den Minenarbeitern von Marikana gelernt werden? Die Rücksichtslosigkeit dieser Regierung lässt nicht nach, sondern im Gegenteil, sie nimmt zu mit der Anzahl an ArbeiterInnen, die arbeitslos sind, die hungern. Sie kriminalisieren unsere Kämpfe und militarisieren ihre Polizei. Es ist klar, dass jedeR, die/der sich außerhalb des ANC organisiert, in communities oder am Arbeitsplatz, sich ernsthafter und gewalttätiger Unterdrückung durch die Partei und die Polizei ausgesetzt sehen wird.

Die NUM und die SACP 4 haben ganz klar gemacht, auf welcher Seite sie stehen. Indem sie das Massaker unterstützen und nach weiterer Repression gegen die Arbeiter rufen, haben sie klargemacht, dass sie auf der Seite der rücksichtslosen Allianz von Kapital und Politik stehen. Sie haben erklärt, sehr klar erklärt, dass sie den Krieg gegen die Armen unterstützen. Ihre Reaktionen auf das Massaker sind eine einzige Schande. Keine glaubwürdige linke Gruppe in Südafrika oder irgendwo anders auf der Welt kann mit der NUM oder der SACP wieder zusammenarbeiten. Die Entscheidung der Mineure von Marikana, sich von der korrupten und rücksichtslosen Politik der Allianz abzukoppeln, war gerechtfertigt.

Es wird nicht besser werden, sondern schlimmer. Wenn die Macht der Eliten bedroht ist, werden sie mit immer mehr Gewalt antworten. Der Krieg ist erklärt worden gegen die Armen und gegen alle, die sich außerhalb der Kontrolle des ANC organisieren. Wir können uns nur selbst befreien. Wir müssen uns organisieren und weiterhin außerhalb des ANC zusammenkommen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, in welcher Situation wir uns befinden, klar und couragiert. Viel mehr von uns werden in den kommenden Jahren eingesperrt und umgebracht werden.

Was sie getan haben, kann niemals vergessen oder vergeben werden.

Anmerkungen

1Sandton ist ein Stadtteil von Johannesburg, gegründet 1969. Er ist das wichtigste Finanzzentrum des Landes, seit den späten 90er Jahren befindet sich hier auch die Börse von Johannesburg. Sandton ist das wohlhabendste Viertel von Johannesburg, nicht weit entfernt von Alexandra, dem wohl ärmsten township des Landes. (de.wikipedia.org)

2BEE = Black Economic Empowerment. Ein Programm der südafrikanischen Regierung, um die Ungleichheiten der Apartheid wiedergutzumachen, indem zuvor benachteiligten Gruppen (schwarzen AfrikanerInnen, Farbigen, InderInnen und einigen ChinesInnen) ökonomische Privilegien eingeräumt werden, die sie zuvor nicht hatten. (…) Das BEE-System hat zur Schaffung einer neuen “Klasse”, oft als “BEE-Elite” bezeichnet, geführt. Diejenigen, die davon profitiert haben, haben das auf Kosten der Armen getan.

3COSATU = Dachverband der südafrikanischen Gewerkschaften, unter ANC-Kontrolle

4Südafrikanische Kommunistische Partei

Erfolgreiche Protestkundgebung vor südafrikanischer Botschaft in Solidarität mit den Bergarbeitern

English translation below.

http://www.rkob.net/international/subsahara-afrika/kundgebung-f%C3%BCr-bergarbeiter/

Erfolgreiche Protestkundgebung vor südafrikanischer Botschaft in Solidarität mit den Bergarbeitern

Gestern demonstrieren zwanzig AktivistInnen vor der süadfrikanischen Botschaft in Wien in Solidarität mit dem Bergarbeiterstreik. Die Kundgebung wurde, nach Bekanntwerden der Nachricht von dem Massaker, kurzfristig über das Wochenende von der Revolutionär-Kommunistischen Organisation zur Befreiung (österreichischen Sektion der RCIT) organisiert.

Aktivisten der RKOB hielten Plakate mit Losungen wie “Stoppt die Massaker in Südafrika! Solidarität mit den Bergarbeitern!“ „Nieder mit der ANC / SACP / Lonmin Regierung!“ (in deutscher und englischer Sprache)
Nina Guni?, Sprecherin der RCIT, sagte in ihrer Rede: „Dies ist ein Kampf der Bergarbeiter und ihre Familien für ein menschenwürdiges Leben. Er verdient die volle Solidarität der internationalen Arbeiterbewegung! Die österreichischen Gewerkschaften müssen die Bergarbeiter unterstützen!“

Johannes Wiener, Sprecher des RKOB, betonte: „Der Massenmord an den Bergarbeitern durch die Polizei zeigt die wahre Natur des kapitalistischen Staates. Sie töten 34 Bergarbeitern in 3 Minuten, weil diese höhere Löhne fordern. Zu was wird erst die Polizei bereit sein, wenn die Arbeiter die Wirtschaft i die Hand nehmen möchten?! Nur durch die Bildung von bewaffneten Milizen können sich die Arbeiter gegen den Mörder in Uniform wehren.“
Michael Pröbsting, Internationaler Sekretär der RCIT, wies darauf hin: „Es ist ein riesiger Skandal, dass die bürokratischen Führungen sowohl des Gewerkschaftsverband COSATU als auch der Südafrikanischen Kommunistischen Partei nicht nur den Bergarbeiterstreik verurteilten, sondern auch die Polizei dazu aufrufen, gegen die Bergarbeiter vorzugehen und die Streikführer zu verhaften!“
Die Organisatoren verlasen ebenfalls eine Solidaritätsbotschaft, die die südafrikanische Workers International Vanguard Party, mit der die RCIT in dieser Kampagne zusammenarbeitet.

An der Kundgebung nahmen auch Mitgliedern der GKK (CoReP), der maoistischen IARKP und unabhängige Aktivisten teil.

Über die Kundgebung wurde in einer Reihe von bürgerlichen Medien berichtet. Mehrere bürgerliche Tageszeitungen und Online-Medien brachten kurze Berichte über unsere Kundgebung und verwiesen auf die Rolle der RKOB und RCIT. Einige Links dazu sind hier:

http://www.vienna.at/demonstration-vor-der-suedafrikanischen-botschaft-in-wien/3336568
http://www.salzburg.com/nachrichten/welt/politik/sn/artikel/minenbetreiber-in-suedafrika-verlaengerte-ultimatum-25617/
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/3096518/minenbetreiber-suedafrika-verlaengerte-ultimatum.story
http://relevant.at/politik/sonstige/705656/minenbetreiber-suedafrika-verlaengerte-ultimatum.story

Fotos von der Kundgebung finden sich auf der RCIT Website unter
www.thecommunists.net/worldwide/africa/south-africa-solidarity

Auf der RCIT www.thecommunists.net werden laufend aktuelle Berichte und Einschätzungen zum Bergarbeiterstreik in Südafrika veröffentlicht.

Protest in front of the South African embassy in Vienna in solidarity with
the striking mine workers in Marikana

Statement of the revolutionary-communist organisation for liberation
(RKOB), Vienna, 21st of August, 2012

Yesterday about 20 activists were demonstrating in front of the South
African embassy in Vienna, Austria, in solidarity with the striking miners.
The manifestation was organized within short time after we received the
news about the massacre on last weekend and it was organized by the RKOB
Austrian section of the RCIB).

Activists of the RKOB were showing posters with slogans like “stop the
massacre in South Africa/solidarity with the miners”, “down with
ANC/SACP/Lonmin-government” (both in german and english language).

Nina Guni?, spokeswoman of the RCIT told: “This is a struggle of the
miners and of their families for a humane life. It deserves full solidarity
of the international workers’ movement. The austrian trade unions must
support the miners!”

Johannes Wiener, spokesperson of the RKOB, emphasized: “The mass murder of
the miners by the police shows the true nature of the capitalist state.
They kill 34 miners within 3 minutes, just because they are demanding
higher wages. What will the police be ready to do if the workers try to
overtake the economy? The workers will only be able to defend themselves
against the murderers in uniforms when they set up armed milicias.”

Michael Pröbsting, international spokesman of the RCIT, pointed to this:
“It is a giant scandal, that the bureaucratic leaderships of the COSATU as
well as of the SACP do not only condemn the miners’ strike but also call on
the police to act against the miners and to arrest their leaders!”

The organizers also read a solidarity statement of the South African
Workers International Vanguard Party with which the RCIT is working
together in this campaign.

Members of GKK (CoReP), of the maoist IA.RKP and independent activists also
participated at this manifestation.

A number of bourgeois media reportet about this manifestation. Some
boureois newspapers wrote about it like

http://www.vienna.at/demonstration-vor-der-suedafrikanischen-botschaft-in-wien/3336568

http://www.salzburg.com/nachrichten/welt/politik/sn/artikel/minenbetreiber-in-suedafrika-verlaengerte-ultimatum-25617/

http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/3096518/minenbetreiber-suedafrika-verlaengerte-ultimatum.story

http://relevant.at/politik/sonstige/705656/minenbetreiber-suedafrika-verlaengerte-ultimatum.story

pictures of the manifestation can be found at
www.thecommunists.net/worldwide/africa/south-africa-solidarity

On www.thecommunists.net there will be actual reports and estamations about
the strike of the miners in South Africa.

Solidarität mit den Minenarbeitern der Platin-Mine von Marikana!

http://soli-komitee-wuppertal.mobi/2012/08/abahlali-pm-zum-massaker-in-sudafrika/?doing_wp_cron=1345429652.2181339263916015625000

Abahlali – PM zum Massaker in Südafrika

2010 und 2011 hatten bastatistas vom Wuppertaler Recht auf Stadt Bündnis zweimal Aktivisten und Aktivistinnen der Bewegung der HüttendorfbewohnerInnen – Abahlali baseMjondolo – aus dem südafrikanischen Durban zu Gast, Seither besteht ein guter solidarischer Kontakt nach Südafrika. Nun erreichte uns eine Pressemitteilung von Abahlali baseMjondolo zum grauenvollen Massaker, das die südafrikanische Polizei in der letzten Woche an streikenden Minenarbeitern verübt hat. Für Abahlali baseMjondolo ist laut PM nun endgültig Schluss mit allen illusionen über die ANC-Regierung. Sie erklären, dass sie den Krieg, der gegen die Armen geführt wird, nun annehmen werden.

basta! und das Soli-Komitee Wuppertal erklären auf diesem Weg ihre Solidarität mit den streikenden Minenarbeitern und mit unseren Freunden und Freundinnen von AbM.

Solidarität mit den Minenarbeitern der Platin-Mine von Marikana!

Abahlali baseMjondolo sind zutiefst schockiert über die mörderischen Grausamkeit des südafrikanischen Polizei, und derjenigen, die der Polizei den Einsatzbefehl bei der Marikana Platin-Mine im Nord-Westen gaben. Die Ermordung von mehr als 40 Minenarbeitern durch die SAPS ist unmoralisch und bringt eine große Schande über unser Land. Es gab andere Möglichkeiten und viel bessere Möglichkeiten, um mit der Situation umzugehen. Gestern (das war Donnerstag, der 16.08.) wird als ein besonders dunkler Tag in der Geschichte der Unterdrückung in Südafrika in Erinnerung bleiben

Wir möchten unsere Solidarität mit allen Familien der getöteten und verletzten Arbeiter ausdrücken. Wir teilen eure Trauer. ihr seid nicht allein. Wir tragen den Schmerz zusammen. Eure Kinder werden jetzt aufwachsen, ohne ihre Väter zu kennen, aber sie werden nicht alleine aufwachsen. Wir müssen füreinander sorgen und im Kampf für eine Welt, die die Menschen an die erste Stelle setzt und alle Menschen gleich behandelt, zusammenstehen. Wir möchten unsere Solidarität mit allen kämpfenden Arbeitern auszudrücken. Wir vergegenwärtigen alle das gleiche System, das manche Menschen reich und andere arm macht. Und wir stehen alle der gleichen Regierung gegenüber, die unsere Menschlichkeit zurückweist, und uns an den Rand der Gesellschaft drängt, wenn wir uns widersetzen.

Der ANC nimmt keine Rücksicht auf die Menschen in diesem Land. Sie verfrachten uns in Durchgangslager und versuchen, uns in Bantustans (weißer Schmähbegriff für die Homelands) zu halten. Sie lassen uns alleine in unseren Hütten, die Winter für Winter abbrennen. Sie schlagen uns in ihren Polizeistationen. Sie schießen auf uns in den Straßen. Millionen von uns finden keine Arbeit. Eine Regierung, die ihre Bürger tötet, ist unmoralisch und muss von jedem Menschen bekämpft werden. Eine Regierung, die ihre Bürger tötet, hat jedes moralische Recht verloren, zu regieren. Was an der Mine passiert ist, ist nichts anderes als das Morden der Apartheid-Regierung. Es ist nichts anderes als das Massaker von Sharpeville 1960, das 69 Leben gekostet hat. Es ist nichts anders als das Boipotong-Massaker, das 1992 45 Leben kostete.

Millionen von Menschen leiden in ihren Hütten und Millionen leiden mit oder ohne Arbeit Jahr um Jahr. Einige HüttenbewohnerInnen sind Arbeiter, andere sind zu arm, um Arbeiter zu sein. Doch alle haben wir genug gelitten in den Händen der Polizei, in den Händen der Politiker und in den Händen der Reichen. Es war schon immer unsere Anklage, dass wirkliche Freiheit und Demokratie noch immer ein Traum für die Armen und die Arbeiterklasse sind.

Alles, was wir sehen, ist, dass sich die Politiker durch den Diebstahl öffentlicher Mittel bereichern, die eigentlich dazu bestimmt sind, das Leben der Menschen zu verbessern. Alles, was wir sehen, ist, dass die neue Regierung die schlimmste Politik der alten Regierung fortsetzt. Alles, was wir sehen, ist, dass unsere Kämpfe kriminalisiert und unterdrückt werden. Die progressive Mittelschicht kämpft um ihre Freiheit und Demokratie, daie sie im Jahr 1994 erhielten. Wir kämpfen noch immer darum, Freiheit und Demokratie überhaupt zu bekommen.

Mehr als 25 Menschen wurden seit dem Jahr 2000 von der Polizei während der Proteste getötet. Tebogo Mkhonza in Harrismith, Monica Ngcobo in Umlazi und Andries Tatane in Ficksburg sind nur drei von den Leuten, die in in den Straßen durch die Polizei ermordet wurden. Aktivisten wurden gefoltert und ermordet. Unsere Bewegungen, wie die Landlosen-Bewegung und die Bewegung der Arbeitslosen, wurden während der Nacht von bewaffneten Männern angegriffen, die der herrschenden Partei angehören. Monate nach dem Angriff auf unsere Bewegung in der Kennedy Road-Siedlung in Durban 2009 wurden die Häuser unserer führenden Mitglieder an jedem Wochenende öffentlich angegriffen und zerstört, während sich die Polizei weigerte, einzugreifen. Letztes Jahr sagte Jahr Nigel Gumede, der Vorsitzende des Wohnraum- und Infrastrukturkomitees der Gemeinde eThekwini, öffentlich, dass der ANC gegen unsere Bewegung Krieg führt und er drohte damit, S’bu Zikode (der Vorsitzende von AbM) zu töten. Die führenden Leute im ANC (…wie Nigel Gumede) sprechen eine sehr klare Sprache, und der Rest der Menschen folgt. Arme Menschen wurden ermutigt, anzugreifen und einander im Namen von Ethnizität und Staatsangehörigkeit zu töten.

Es ist Zeit zu sagen: Genug! Es ist Zeit, zu sagen: Nicht weiter! Es ist höchste Zeit, dass sich alle fortschrittlichen Kräfte die Hände reichen, um diesem Blutbad Einhalt zu gebieten. Es ist höchste Zeit, dass sich alle fortschrittlichen Kräfte die Hände im Kampf für wirkliche Gerechtigkeit und für echte Demokratie reichen.

Wir müssen erkennen, dass es gegen die Armen in diesem Land einen Krieg gibt. Wir haben diesen Krieg nie gewollt, aber er ist über uns gekommen – heute kann niemand mehr leugnen, dass ein Krieg gegen die Armen geführt wird. Die «roten Ameisen» («Red Ants» – in rote Overalls gekleidete Trupps, die in Südafrika Zwangsräumungen vollziehen) und die Polizei sind nicht dazu da, um den Menschen dienen. Sie sind dazu da, um die Armen aus den Städten zu vertreiben, uns auf den menschlichen Deponien gefangen zu halten und unsere Kämpfe zu verdrängen. Wir müssen aufhören, davon auszugehen, dass die Politiker unsere Genossen sind, wenn sie selber entschieden haben, unsere Feinde zu sein. Wir müssen den Krieg, der über uns gekommen ist, annehmen. Und wir müssen das in einer Weise tun, die die menschliche Würde und die Gleichheit aller an den Anfang und in das Herz unseres Kampfes setzen.

Wir sind uns bewusst über die Gefahren in Südafrika, wenn BürgerInnen für echte Freiheit und Demokratie kämpfen. Aktivisten leben unter schwersten Lebensbedingungen und mit großen Bedrohungen im ganzen Land. Wir wissen von der Zeitbombe, auf der die HüttenbewohnerInnen in diesem Land sitzen. Wir haben immer davor gewarnt – schon in der Zeit als wir anfingen, uns zu organisieren – dass sich die Wut der Armen in viele Richtungen entwickeln kann. Die Gefahren, denen wir gegenüberstehen, können sowohl von der Reaktion der Menschen auf die Unterdrückung, als auch vom Unterdrückungsapparat selber ausgehen.

Es gibt in Südafrika mehr Proteste als sonstwo in der Welt. Aber die Regierung nimmt keine Notiz von den protestierenden Menschen. Sie reagiert mit einer Militarisierung der Polizei. Sie reagiert mit einem Gerede über «dritte Kräfte». Doch es sind die lokalen Parteistrukturen, die bewaffnete Männer in der Nacht losschicken. Die Regierung versucht, unseren Zorn als Kriminalität und Verrat zu diskredietieren – und hinter den Kulissen unterstützt sie die Bewaffneten, die in unsere Hütten eindringen und uns und unsere Familien bedrohen. Wir müssen endlich akzeptieren, dass sich diese Regierung nicht um uns kümmert. Wir zählen nicht mehr auf sie. Denn wenn wir darum bitten, angehört zu werden, werden wir als Kriminelle und Verräter behandelt.

Abahlali baseMjondolo of Western Cape wird zusammen mit Genossen und Genossinnen anderer Organisationenan zum nationalen Parlament in Kapstadt marschieren. «Global Peace and Justice» aus Auckland in Neuseeland wird heute vor der südafrikanischen Botschaft demonstrieren. Unsere Genossen in Kapstadt und New Zealand marschieren mit unserer Solidarität. Wir werden in Durban mit verschiedemen Strukturen unserer Bewegung Gespräche führen, um mit anderen Organisationen und mit den Kirchen unser weiteres Vorgehen zu besprechen.

Wir müssen alle zusammen stehen. Ein Krieg ist zu uns gekommen und wir müssen ihn so kämpfen, dass wir nicht so werden wie unsere Feinde. Wir müssen ihn in einer Weise führen, die Menschlichkeit und niemals Brutalität gegen Brutalität setzt. Sobald unser Kampf so geführt wird, wie ihn unsere Gegner führen, ist alles verloren. Der Krieges ist zu uns gekommen. Wir haben keine andere Wahl als ihn zu führen und uns zu widersetzen. Aber wir werden ihn mit den Mitteln unserer eigenen Politik führen, die eine militante Politik des Volkes ist. Sie beginnt und endet mit der Beachtung der menschlichen Würde.

Sekwanele!
No House! No Land! No Vote!
Everyone Counts

abahlali.org